Die Geschichte des ‚Sender Freies Berlin (SFB)‘

Hausarbeit zum Proseminar „Einführung in die Medienökonomie: Rundfunk in Berlin“
Dozent: Prof. Dr. Axel Zerdick
Freie Universität Berlin, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
WS 1997/98

vorgelegt von Tobias Jaecker

Gliederung:

1. Einleitung
2. Die Gründung des SFB
2.1 Rechtsgrundlagen
2.2 Organisation
3. Die Programme des SFB
3.1.1 Hörfunkgeschichte
3.1.2 Fernsehgeschichte
3.2 Die Deutsche Einheit: Konsequenzen
3.3.1 Der SFB heute: Hörfunk
3.3.2 Der SFB heute: Fernsehen
4. Die Finanzen
5. Fazit
6. Quellen und Literatur

1. Einleitung

Der Sender Freies Berlin (SFB) befindet sich seit einiger Zeit im Kreuzfeuer der Kritik. Unionspolitiker wie auch die Intendanten der „großen“ ARD-Anstalten (WDR, NDR, BR, MDR) behaupten, man könne die hohen Zahlungen an die Kleinsender mittels des ARD-Finanzausgleichs nicht länger hinnehmen. Vorschläge sind schnell auf dem Tisch: Die kleinen Sender sollten sich „auf ihre regionalen Aufgaben besinnen“ oder mit einer anderen Anstalt fusionieren.

Für den SFB, die viertkleinste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Deutschlands, sind diese Angriffe relativ neu. So wurde ihm durch die Insellage Berlins bis zur Wiedervereinigung Deutschlands noch eine finanzierenswerte Sonderstellung zugebilligt, doch nun muß er sich mit den anderen Gescholtenen, ORB, SR, und RB, gegen die Kritik behaupten. Der ausgeübte Druck ist enorm: Umstrukturierungen müssen möglichst schnell eingeleitet werden, da den kleinen Anstalten, die zur Zeit nur durch den Finanzausgleich lebensfähig sind, womöglich bald der Geldhahn abgedreht wird.

Mit vorliegender Arbeit möchte ich die bisherige Entwicklung des Sender Freies Berlin nachvollziehen, um anschließend seine heutige Stellung zu beleuchten. Leitfrage soll dabei sein, ob die Reformen der letzten Jahre in die richtige Richtung liefen und wo mögliche zukünftige Reformpotentiale des SFB liegen.

2. Die Gründung des SFB

Am 12. November 1953 beschließt das Berliner Abgeordnetenhaus das „Gesetz über die Errichtung einer Rundfunkanstalt Sender Freies Berlin“. Der neugegründete SFB übernimmt daraufhin die Berliner Einrichtungen des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) sowie 264 Mitarbeiter des Berliner Funkhauses.

Am 14. September 1954 tritt der SFB der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) bei.

Erst 1957 kann der SFB sein provisorisches Quartier am Heidelberger Platz verlassen und in das bis dahin von der sowjetischen Besatzungsmacht besetzte „Haus des Rundfunks“ an der Masurenallee ziehen.

2.1 Rechtsgrundlagen

Der Sender Freies Berlin ist eine staatsunabhängige Anstalt des öffentlichen Rechts und die gemeinnützige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt des Landes Berlin. Im Sendegebiet des SFB, welches 880 km² umfaßt, sind 1,5 Mio. Hörfunk- und 1,4 Mio. Fernsehgeräte angemeldet.

Der SFB hat die Aufgabe, die Grundversorgung der Programmnutzer mit Information, Unterhaltung, Bildung und Kultur zu gewährleisten und dadurch eine „unabhängige Meinungsbildung“ zu ermöglichen. In Paragraph 3, Abschnitt 1 der Satzung heißt es: „Die Sendungen des Senders Freies Berlin müssen von demokratischer Gesinnung und Treue zu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung von Berlin, von kulturellem Verantwortungsbewußtsein und vom Willen zur Sachlichkeit getragen sein. Sie sollen für Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit wirken und eine unabhängige Meinungsbildung ermöglichen. Die Anstalt darf nicht das Werkzeug einer Regierung, einer Gruppe oder einer Persönlichkeit sein. Darüber hinaus muß die Gesamtheit der Sendungen der einzelnen Programmsparten des Hörfunks und des Fernsehens diesen Grundsätzen entsprechend inhaltlich ausgewogen sein.“

2.2 Organisation

Die Organe der Anstalt sind der Rundfunkrat und der Intendant. Der Rundfunkrat ist ein aus 31 Mitgliedern bestehendes Gremium. Die Mitglieder werden jeweils für zwei Jahre entsandt. Sie setzen sich zusammen aus Vertretern gesellschaftlich bedeutender Organisationen sowie acht vom Abgeordnetenhaus gewählten. Zusätzlich entsendet der Personalrat zwei Vertreter, die jedoch lediglich beratende Stimme haben.

Der Rundfunkrat beruft den Intendanten, dessen Amtsperiode fünf Jahre dauert. Ferner überwacht er die Gesamthaltung und die Programmgestaltung der Rundfunkanstalt. Er bildet außerdem den Programmausschuß sowie den Verwaltungsrat, der für die Überwachung der Finanzen und der Wirtschaftspläne zuständig ist. Dem Verwaltungsrat gehören neun Mitglieder des Rundfunkrats sowie zwei des Personalrats an. Der Intendant leitet die Anstalt und ist ihr gesetzlicher Vertreter. Ihm steht ein Justitiar bei. Der SFB ist in die Direktionsbereiche Hörfunk, Fernsehen und Verwaltung gegliedert. Der bisher eigenständige Technikbereich wurde aufgelöst.

3. Die Programme des SFB

3.1.1 Hörfunkgeschichte

Unter seinem ersten Intendanten Alfred Braun nimmt der SFB am 1. Juni 1954 mit den zwei Radioprogrammen SFB 1 und SFB 2 den Sendebetrieb auf. Die Programmausrichtung ist gemischt. Beide Programme bieten ein „Sammelsurium“ aus Gratulationssendungen, Morgenmusik, Schulfunk, Literatursendungen, Tageskonzerten und ähnlichem. Aus finanziellen Gründen ist der SFB zu dieser Zeit noch auf eine hohe Programmübernahme aus bundesrepublikanischen Sendern angewiesen. In Berlin (West) sind derweil 730.000 Hörfunk- und 3354 Fernsehteilnehmer angemeldet.

Eine Umfrage von 1967 ergibt, daß der SFB der anerkannte Ortssender ist, eine jüngere Hörerschaft als der RIAS hat und den größeren Anteil an männlichen Hörern und Berufstätigen aufweist. Höchsteinschaltwerte erreichen vor allem die Morgensendungen, die von bis zu 400.000 Hörern verfolgt werden.

1968 startet der SFB gemeinsam mit dem NDR ein drittes Radioprogramm mit anspruchsvollen Musik- und Wortsendungen. Dieses erreicht jedoch nur äußerst geringe Einschaltwerte. 1973 wird eine große Programmreform durchgeführt. Ziel ist es, „typische Akzente für das 1. und 2. Programm des SFB (zu) setzen“. SFB 1 erhält ein eher anspruchsvolles Sendeschema, SFB 2 sendet nun leichte Unterhaltungsmusik und aktuelle Informationen und wird durch Magazinsendungen weiter ausgebaut. Erfolgreich ist vor allem das zweite Programm, das seine Hörerzahlen verdoppeln kann. Auch die Quoten von SFB 1 steigen an. Es wird zum beliebtesten Berliner Sender vor dem RIAS.

1979 werden mit dem sogenannten „Radiofrühling“ erneut Umstrukturierungen vorgenommen. Nachdem SFB 3 ab 1973 ein „Gastarbeiterprogramm“ gesendet hatte, bestimmen nun in teilweiser Kooperation mit WDR 3 wieder Klassik und Kultur das Programm. SFB 1 wird zu einem „klassischen Mischprogramm“ umgeformt, SFB 2 fungiert nun als werbefreies Magazinradio mit aktuellen, leichten Programminhalten. In der Folge der Programmreform wird der SFB in West-Berlin zum „beliebtesten Hörfunksender“.

Im Zuge der außergewöhnlich erfolgreichen Umwandlung von RIAS 2 in ein Formatradio für junge Hörer 1985 gerät der SFB unter Handlungsdruck, da vor allem sein zweites Programm durch die erfolgreiche Konkurrenz direkt betroffen ist. Erst 1987 reagiert man jedoch mit einer Programmreform: SFB 1 sendet ab nun melodiöse und volkstümliche Musik. Werbungsendungen werden neben dem ersten jetzt auch im zweiten Hörfunkprogramm eingerichtet. Zusätzlich wird eine vierte Welle nach WDR 4-Vorbild geschaffen: Mit SFB 4 will man vor allem ältere Zuhörer ansprechen.

Ebenfalls 1987 geht die private Radiostation Hundert,6 auf Sendung und ist bereits nach kürzester Zeit überaus erfolgreich. Auch andere Privatsender wie Radio 100 und Radio in Berlin können Hörer an sich binden. Konkurrenz besteht aber auch durch die Rundfunkprogramme der Alliierten wie beispielsweise AFN. Insgesamt sinkt der Anteil aller SFB-Programme von 1985 bis 1989 von 56% auf 33%. In Reaktion auf die bisherige Unerreichbarkeit der jungen Hörer wird 1990 Radio 4 U geschaffen.

3.1.2 Fernsehgeschichte

Seit 1958 sendet der SFB im Ersten Deutschen Fernsehen das Regionalprogramm „Berliner Abendschau“ und ist damit überaus erfolgreich. 1965 starten NDR, SFB und RB ein drittes Fernsehprogramm, die sogenannte „Nordschiene“, als ein auf Kultur und Bildung bezogenes Kontrast- und Minderheitenprogramm. Erst 1989 wird das „Dritte Fernsehprogramm NDR/RB/SFB“ in „Nord 3″ (N3) umbenannt. Der SFB ist mit 20-25% an der Programmgestaltung beteiligt. Die Federführung liegt beim NDR, die jeweiligen Abteilungen von NDR, SFB und RB sind für das Programm zuständig. 1980 unternimmt die ARD mit Federführung beim SFB erstmals einen Videotext-Feldversuch.

In den achtziger Jahren findet in West-Berlin eine überdurchschnittliche Fernsehnutzung statt. Die Zuschauerbindung an den SFB ist stark, und entsprechend hohe Einschaltquoten hat das vom SFB gestaltete Vorabendprogramm der ARD. 1986 wird das Erste Fernsehprogramm in Berlin (West) täglich durchschnittlich 79 Minuten eingeschaltet. Die zügige Verkabelung Berlins mit Beginn des Kabelpilotprojekts ändert diese Situation. Die ab 1987 bzw. 1991 terrestrisch verbreiteten Programme SAT.1 und RTLplus können massiv Zuschauer abwerben. 1991 wird das ARD-Fernsehen nur noch 48 Minuten täglich eingeschaltet. Das dritte Programm N3 ist vom Zuschauerschwund kaum betroffen: Es wird konstant um die 12 Minuten am Tag genutzt.

3.2 Die Deutsche Einheit: Konsequenzen

Im Zuge der Errichtung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den neuen Bundesländern gibt es 1991 in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Überlegungen, eine Drei-Länder-Anstalt mit dem Namen „Nordostdeutscher Rundfunk“ (NOR) zu gründen, welche die Rechtsnachfolge des SFB antreten soll. Nachdem sich der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern jedoch ablehnend zeigt, beschließt Brandenburg Ende 1991 die Errichtung einer eigenen Landesrundfunkanstalt. Der Plan einer gemeinsamen „Nordostdeutschen Rundfunkanstalt“ (NORA) ist gescheitert.

Ab 1992 ist der SFB die Landesrundfunkanstalt für ganz Berlin mit nunmehr 1.289.225 angemeldeten Fernseh- sowie rund 1.391.786 Rundfunkhaushalten. Dies geschieht ohne Änderung des Rundfunkgesetzes, da das Berliner Landesrecht bereits zum 3. Oktober 1990 gesetzlich vereinheitlicht worden war.

Berlin und Brandenburg schließen angesichts der engen kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtungen innerhalb des Großraums Berlin-Brandenburg am 29. Februar 1992 einen Staatsvertrag über die Zusammenarbeit im Bereich des Rundfunks, um zu einer gemeinsamen Rundfunkordnung zu kommen. Danach sollen die beiden Landesrundfunkanstalten eng zusammenarbeiten und die verfügbaren Ressourcen möglichst wirtschaftlich nutzen. Die Anstalten sind zu diesem Zweck berechtigt und verpflichtet, gemeinsam gestaltete Programme im Hörfunk und Fernsehen zu veranstalten.

3.3.1 Der SFB heute: Hörfunk

Für die ARD betreut der SFB heute weiterhin die Hörfunk-Korrespondentenplätze in London, Peking, Mexiko-City und Brüssel. Außerdem betreibt der SFB ein Studio in Bonn.

Der durch private Radiostationen immer enger werdende Berliner Rundfunkmarkt sowie der Rundfunkstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg veranlaßten den SFB in den letzten Jahren zu zahlreichen programmlichen Veränderungen sowie zu Kooperationen mit dem ORB. So wird 1992 SFB 1 in Berlin 88 8 umgetauft und soll nunmehr mit leichter Schlagermusik als „Stadtradio“ für ganz Berlin fungieren. Das Programm ist heute mit einem Marktanteil von 9,4% die meistgehörte Hörfunkwelle des SFB. SFB 2 geht ein Jahr später in der von SFB und ORB gemeinsam betriebenen Info- und Servicewelle Radio B Zwei auf. Diese wiederum wird 1997 durch Radio Eins abgelöst, die Federführung liegt hier beim ORB. Aus dem Rockradio B des ORB und Radio 4 U entsteht 1993 die Jugendwelle Fritz, die „Kommunikations- und Aktionsradio“ sein soll. Auch hier hat der ORB die Federführung. 1994 startet das multikulturelle Radioprogramm SFB 4 MultiKulti. Mit einem Marktanteil von 0,6% schien dessen Fortbestand lange Zeit unsicher, nach drei Jahren Probezeit wurde der weitere Betrieb aber endgültig beschlossen. 1995 geht das gemeinsam mit dem ORB betriebene InfoRadio auf Sendung.

1997 schließlich wird der vorerst letzte Teil der tiefgreifenden Programmreform umgesetzt. Neben Radio Eins entsteht radio kultur als Nachfolger von SFB 3 und Radio Brandenburg. SFB und ORB starten zudem gemeinsam mit dem NDR die Klassikwelle Radio 3. Die Media-Analyse 1997 bescheinigte den SFB-Hörfunkprogrammen einen Marktanteil von zusammengenommen 18,9%.

3.3.2 Der SFB heute: Fernsehen

Im Oktober 1992 beendet der SFB seine Mitarbeit am 3. Fernsehprogramm N3 und startet sein eigenes Programm B1, um die „nicht zu rechtfertigende Unterversorgung“ der „Hauptstadt und Metropole“ Berlin aufzuheben. B1 setzt seinen Schwerpunkt im Stadtgeschehen, das Programm soll „die Vielfalt und Dynamik der Metropole aufgreifen und dem Lebensgefühl der Menschen in Berlin, ihren Sorgen und Freuden Ausdruck verleihen“. Dabei soll nicht zuletzt die „emotionale Seite“ wahrgenommen werden.

B1 berichtet aus eigenen Studios des Berliner Abgeordnetenhauses und des „Roten Rathauses“. Tagsüber wird programmlich eng mit dem MDR und teilweise mit dem ORB kooperiert. 1996 erreichte B1 einen Marktanteil von 5%.

Neben dem Betrieb des eigenen „Dritten“ beteiligt sich der SFB weiterhin am Gemeinschaftsprogramm der ARD. Hatte der SFB 1985 noch einen Anteil von 8% an der Programmzulieferung zum Ersten Programm, so waren es 1996 infolge der zusätzlich der ARD beigetretenen Rundfunkanstalten aus den neuen Ländern nur noch 5,5%. Vom SFB zugelieferte Sendungen sind unter anderem das Politmagazin „Kontraste“, die „Presseschau“, der „Kulturreport“, die Satiresendung „Scheibenwischer“ sowie zahlreiche Serien, die vor allem im Vorabendprogramm der ARD gesendet werden. Der SFB steuert außerdem Produktionen zu den öffenlich-rechtlichen Fernsehprogrammen mit ARD-Beteiligung, 3sat und arte, bei.

4. Die Finanzen

Bis 1975 konnte der SFB seine Vermögensstellung stetig verbessern. 1975 betrug das anstaltseigene Kapital 80 Mio. DM. In den nun folgenden fünf Jahren wurde dieses jedoch völlig aufgebraucht. So wurde 1981 ein Bilanzverlust in Höhe von 12 Mio. DM verbucht. 1985 lag der Verlust schon bei 20,4 Mio. DM. Als Ursache muß man die sinkende Anzahl der Rundfunkteilnehmer heranziehen. Bis in die siebziger Jahre hatte sich deren Zahl stetig gesteigert. 1977 waren 994.847 Rundfunkteilnehmer gemeldet. Fortan aber sank die Teilnehmerzahl kontinuierlich. Gleichzeitig wurde jedoch der Ausbau der Programmarbeit in großem Umfang betrieben und die Beschäftigtenzahl ausgeweitet. Diese kostenintensiven Handlungen konnten durch die Erhöhung der Rundfunkgebühr 1970, 1974, 1979 und 1983 nur in begrenztem Maße finanziell aufgefangen werden.

In den vergangenen Jahren konnte der SFB wieder Überschüsse erwirtschaften. 1996 lagen die Erträge bei 390.799.000 DM, die Aufwendungen betrugen 389.708.000 DM. Es konnte also ein Überschuß in Höhe von 1.091.000 DM erwirtschaftet werden. Der größte Posten bei den Aufwendungen war der Personalaufwand in Höhe von 176.125.000 DM aus, der SFB wies im Berichtsjahr insgesamt 1.261,5 Planstellen aus. Darunter machen die Pensionslasten mit 47.473.000 einen verhältnismäßig großen Anteil aus.

Die Werbepreise des SFB lagen noch bis Ende der achtziger Jahre auf einem überdurchschnittlich hohem Preisniveau, der Preis für eine Werbeminute im Fernsehen lag 1985 um 70% über dem Bundesdurchschnitt der ARD-Anstalten. Im Zuge der erstarkenden privaten Konkurrenz mußten die Preise bis heute aber erheblich gesenkt werden.

5. Fazit

Die Umstrukturierungen, die der SFB seit der Wiedervereinigung Deutschlands und bis zuletzt vorgenommen hat, sind enorm. Es dürfte einzigartig sein, daß eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt innerhalb so kurzer Zeit sämtliche Programme umstrukturiert oder neu erschafft. Die Reformen sind jedoch nicht nur den finanziellen Einsparwünschen geschuldet: Bei der in Berlin herrschenden Marktdichte von insgesamt 25 über UKW empfangbaren Hörfunkprogrammen sind die Aktivitäten auch ein Abwehrkampf gegen die Konkurrenz. Ob der SFB in dieser Hinsicht erfolgreich war, läßt sich derzeit noch nicht absehen.

Es scheint jedoch, als schöpfe der SFB seine Möglichkeiten gut aus: Die Programme sprechen vielfältige Zielgruppen an. So nutzt der SFB eine „Marktlücke“, die laut Günter Herrmann, dem ehemaligen Intendanten, darin besteht, „daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk die einzige Konzeption hat, die ein Programm für alle produziert“.

Probleme bleiben jedoch zuhauf: In der neuen Hauptstadt ist der SFB stärker als noch zuvor Spielball machtpolitischer Interessen, die bei wichtigen Personalentscheidungen wie der Intendantenwahl stets aufs neue zutage treten.

Zudem kommt der SFB kaum an der Tatsache vorbei, daß noch auf Jahrzehnte hinaus unkündbare Mitarbeiter bezahlt und Pensionslasten getragen werden müssen. So bezeichnet es der bis 1997 amtierende Intendant Günther von Lojewski denn auch als „essentiell […], daß der SFB seinen Anspruch auf Teilhabe am Finanzausgleich der Landesrundfunkanstalten nicht aufgegeben und für die neue Gebührenperiode durchgesetzt hat.“

Doch letzteres wird nicht auf alle Jahre so bleiben. Die Diskussion über weitergehende Reformen ist deshalb in vollem Gange. Da läßt der Intendant des ORB, Hansjürgen Rosenbauer, die Idee einer Nordostdeutschen Rundfunkanstalt (NORA) unter Beteiligung von Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wiederaufleben. Der Intendant des SFB, Horst Schättle, läßt hingegen durchblicken, daß für ihn nur eine Fusion von SFB und ORB in Frage komme. Wie auch immer die Debatte ausgehen mag: Der bereits eingeleitete Umstrukturierungsprozeß muß und wird weitergehen. Die begonnene weitgehende Kooperation des SFB mit dem ORB bietet in dieser Hinsicht gute Ansatzpunkte, um vielleicht schon bald zu einer langfristigen Lösung zu gelangen.

6. Quellen und Literatur

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): ABC der ARD. Baden-Baden 1994.

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): ARD-Jahrbuch 1997. Hamburg 1997.

Bentele, Günter; Kratzsch, Ulrich: Hörfunk und Fernsehen in Berlin. In: Bentele, Günter; Jarren, Otfried (Hrsg.): Medienstadt Berlin. Berlin 1988.

Böttger, F. Jasmin: N 3 – Ein Programm zwischen Kulturauftrag und Medienalltag. Sinzheim 1994.

Faber, Karin von: Was krächzt denn da? Berliner Forum 3/73. Berlin 1973.

Geppert, Kurt; Seufert, Wolfgang; Zerdick, Axel: Werbemarkt Berlin und Brandenburg. Berlin 1992.

Heinrich, Erik: Vom NWDR Berlin zum SFB. Diss. phil. FU Berlin 1985.

Herrmann, Günter: Der SFB in der sich wandelnden Medienlandschaft. In: Bentele, Günter; Jarren, Otfried (Hrsg.): Medienstadt Berlin. Berlin 1988.

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.): Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1994. Bonn 1994.

Sender Freies Berlin (Hrsg.): Jahresbericht 96. Berlin 1997.

Sender Freies Berlin (Hrsg.): Die Quote: Der heimliche Machthaber. SFB-Werkstattheft 20. Berlin 1991.

Sender Freies Berlin (Hrsg.): Rechtsgrundlagen Sender Freies Berlin. Berlin 1995.

Sender Freies Berlin (Hrsg.): SFB – Sender für Berlin. Berlin 1996.

Sönnichsen, Martina: Die Entwicklung des SFB-Hörfunkprogramms und seiner Hörerresonanz in den Jahren 1954 bis 1984. In: Sender Freies Berlin (Hrsg.): Der SFB in der Berliner Medienlandschaft. SFB-Werkstattheft 17. Berlin 1986.