Von Tobias Jaecker, hagalil.com, 24.10.2003
Gliederung:
1. Einleitung
2. Die Rede
3. Die Debatte
4. Die „Normalisierung“ der Nation auf dem Rücken der Juden
5. Die „Bewältigung“ der Vergangenheit
6. Streit um eine „neue Art des Erinnerns“?
7. „Schande“ und „Schuld“
8. Erinnerung und Verantwortung. Fazit
9. Bibliographie
9.1 Beiträge zur „Walser-Bubis-Debatte“
9.2 Literatur
1. Einleitung
Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen hat sich in Sprüngen und Eruptionen vollzogen. Vor allem seit der Mitte der 80-er Jahre hat es in Deutschland in regelmäßigen Abständen Kontroversen über die Frage gegeben, wie zukünftig mit der Erinnerung an den Holocaust umgegangen werden soll. Beispielhaft möchte ich hier die so genannte Walser-Bubis-Debatte beleuchten, die mit der Friedenspreisrede des Schriftstellers Martin Walser am 11. Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche begann und die gezeigt hat, wie brüchig der vermeintliche Konsens in der deutschen Gedächtniskultur ist.
Der Konfliktstoff der Rede lag darin, dass Walser einerseits diskussionswürdige Problematiken ansprach, wenn er zum Beispiel auf die Gefahr einer Ritualisierung aufmerksam machte. Andererseits zog er daraus den Schluss, das Erinnern strikt auf den persönlichen Raum zu begrenzen und damit faktisch einen Schlussstrich unter die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Holocaust zu ziehen. Er erhielt dafür von führenden gesellschaftlichen Repräsentanten ausdrücklich oder stillschweigend Zustimmung.
Der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, bezeichnete die Rede als „geistige Brandstiftung“ und setzte damit eine lange Debatte in Gang. Die deutsche Streitkultur erwies sich hierbei als Farce. Denn viele Diskutanten wollten keine „andere“ Erinnerung – sie wollten gar keine.
2. Die Rede
Walser beginnt seine Rede mit dem Titel „Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede“ mit der Klage, dass er sich permanent rechtfertigen müsse, wenn er über „das Schöne“ sprechen wolle. Der Grund hierfür liege in der Allgegenwärtigkeit der NS-Vergangenheit. Walser bekennt: „Ich verschließe mich Übeln, an deren Behebung ich nicht mitwirken kann. Ich habe lernen müssen, wegzuschauen. […] Auch im Wegdenken bin ich geübt.“
Als ein solches „Übel“ bezeichnet er zunächst die rechtsextremistischen Ausschreitungen im wiedervereinigten Deutschland, später dann die NS-Vergangenheit. Für Walser resultiert daraus keine moralische Frage nach kollektiver Verantwortung, sondern lediglich eine individuelle Gewissensfrage, die mit Schuld oder Unschuld einhergeht. Erinnern oder Verdrängen wird für ihn zur individuellen Entscheidung. Bezogen auf die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen sagt er, er könne das, „was uns da so krass gesagt wird“, einfach nicht glauben. Hier zeigt sich deutlich Walsers Wunschbild einer „normalen“ Nation: Was in dieses Bild von Deutschland nicht hinein passt, wird verharmlost oder bestritten.
Nur über das deutsche Volk könne heute so geredet werden, und der Grund sei „unsere geschichtliche Last, die unvergängliche Schande, kein Tag, an dem sie uns nicht vorgehalten wird“. Ständig werde er mit Beschuldigungen „attackiert“. Er könne „die Seite der Beschuldigten nicht verlassen“, sei „hineinverwirkt in diesen Dreck“. Was dieses Hineinverwirktsein für Walser bedeutet, lässt er jedoch im Dunkeln. Es scheint ein Druck in ihm zu sein, der ihn umtreibt und ihm ein schlechtes Gewissen bereitet. Die Schuldgefühle seiner Gewissensinstanz sind in der Terminologie der „Studien zum autoritären Charakter“ nicht in das moralisch-ethische Subjekt integriert, sondern externalisiert. Sie zeitigen keine moralische Konsequenz: Weder Empathie mit den Opfern noch einen kritischen Umgang mit der NS-Vergan-genheit. So bleibt nur Walsers Wunsch, die „Schande“ möge endlich vergehen.
Obgleich Walser behauptet, nur von seinem persönlichen Gewissen zu sprechen, nimmt er dann eine Verallgemeinerung vor: Die Anprangerung der Geschehnisse sei ein bewusster Angriff auf „alle Deutschen“ – „die, die mit solchen Sätzen auftreten, wollen uns weh tun“. Hier wird seine Rede politisch. Denn er konstruiert ein zu Unrecht beschuldigtes Opfer-Kol-lektiv, dem er all diejenigen entgegenstellt, die seine Realität nicht akzeptieren, weil sie z.B. auf Schuld und Verantwortung aufmerksam machen oder daran erinnern. Walser spricht von „Meinungssoldaten“, die einem „negativen Nationalismus“ huldigen und die ihn mit „vorgehaltener Moralpistole […] in den Meinungsdienst nötigen“. Konkret beschuldigt er hier die „Intellektuellen“ und „Medien“, in der anschließenden Debatte dann Ignatz Bubis.
Walser benennt auch einen Grund für die von ihm behauptete „Dauerrepräsentation unserer Schande“: Dahinter stecke das Motiv einer „Instrumentalisierung zu gegenwärtigen Zwecken“. „Vor Kühnheit zitternd“ verkündet er: „Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule oder auch nur Pflichtübung. Was durch Ritualisierung zustande kommt, ist von der Qualität eines Lippengebets“. In ihm „wehre“ sich etwas gegen diese „Routine des Beschuldigens“ und er „fange […] an, wegzuschauen“.
Was sich hier noch wie eine Kritik an der Erinnerungskultur liest, die ja durchaus konstruktiv für eine andere Form der Erinnerung plädieren kann, wird im nächsten Satz konterkariert: „Aber in welchen Verdacht gerät man, wenn man sagt, die Deutschen seien jetzt ein ganz normales Volk, eine ganz gewöhnliche Gesellschaft?“ Hier offenbart Walser seine eigentliche Motivation. Er will sich auf Deutschland berufen und die „Schande“ der NS-Verbrechen dabei ausklammern, denn diese stehen der von ihm gewünschten Normalität im Wege. So bezeichnet er denn auch das geplante Berliner Holocaust-Mahnmal als „fußballfeldgroßen Alptraum“ und „Monumentalisierung der Schande.“
Sobald die NS-Verbrechen öffentlich thematisiert werden, liegt für Walser also eine Instrumentalisierung vor. Er will die Erinnerung aus dem kollektiven Gedächtnis ins private Gewissen verlagern. Für die von persönlicher Schuld unbelasteten Nachkriegs-Generationen bedeutet dies geradezu eine Aufforderung zum Verdrängen und Wegschauen. Geschichte wird so zur abgeschlossenen Vergangenheit, ohne Wert und Folgen für die Gegenwart. Eine konstruktive Kritik hätte z.B. geklärt, wie eine verantwortungsvolle Thematisierung der Vergangenheit aussehen könnte und wo die Trivialisierung beginnt. Dies geschah bei Walser nicht. Durch seine „Wolkigkeit der Anklage“ (Klaus Harpprecht) leistete er außerdem Stimmungen Vorschub, die sich nicht zuletzt in kaum verhohlenem Antisemitismus Bahn brechen sollten.
3. Die Debatte
Ignatz Bubis blieb mit seiner Kritik der „geistigen Brandstiftung“ zunächst fast allein. Sein Verdacht, Walser habe mit der „Instrumentalisierung zu gegenwärtigen Zwecken“ die seinerzeitigen Entschädigungsforderungen von NS-Zwangsarbeitern gemeint, wurde von Walser bestritten. Zugleich warf er Bubis vor, „aus dem Dialog zwischen Menschen“ ausgetreten zu sein. Andere stellten Bubis‘ Kritik zunächst als eine verständliche Empfindsamkeit der Opfer dar. Die Debatte dynamisierte sich, als Bubis seine Kritik am 9. November 1998 anlässlich des 60. Jahrestags der „Reichspogromnacht“ wiederholte: Walsers Rede sei der Versuch, „Geschichte zu verdrängen beziehungsweise die Erinnerung auszulöschen“.
Kurz darauf meldete sich Klaus von Dohnanyi in der FAZ zu Wort. Er beklagte die Tragik deutscher Schuldverstrickung und versuchte, die vermeintlich moralisch überlegene Position der Juden zu konterkarieren: „Allerdings müssten sich natürlich auch die jüdischen Bürger in Deutschland fragen, ob sie sich so sehr viel tapferer als die meisten Deutschen verhalten hätten, wenn nach 33 ‚nur‘ die Behinderten, die Homosexuellen oder die Roma in die Vernichtungslager geschleppt worden wären“.
Zu Recht wies Bubis dies als „bösartig“ zurück, legten Dohnanyis Aussagen doch nahe, die Verantwortung zu relativieren, das Täter- und Opfer-Verhältnis umzukehren und die Juden zu einer Versöhnung zu erpressen. Dohnanyi verlangte daraufhin von Bubis, mit seinen „nicht-jüdischen Landsleuten etwas behutsamer“ umzugehen, „wir sind nämlich alle verletzbar“. Damit nahm er eine fatale Trennung zwischen „Deutschen“ und „Juden“ vor und machte implizit deutlich, dass es die Juden sind, die als „Störenfriede der Erinnerung“ (Eike Geisel) die Deutschen um ihren Seelenfrieden bringen.
Noch offener sprach dies später „Spiegel“-Herausgeber Rudolf Augstein aus. Augstein präzisierte Walsers Vorwurf des Missbrauchs von Auschwitz: Ein solcher sei z.B. klar erkennbar im Zusammenhang mit den hohen Entschädigungsforderungen ehemaliger jüdischer NS-Zwangsarbeiter an die deutsche Industrie. Außerdem dürfe sich Deutschland nicht länger von außen, d.h. von den Juden, vorschreiben lassen, wie es zu gedenken habe. Entsprechend lehnte Augstein auch das geplante Holocaust-Mahnmal ab: Dieses „Schandmal“ sei „gegen die Hauptstadt und das in Berlin sich neu formierende Deutschland“ gerichtet. Augstein: „Man wird es aber nicht wagen, so sehr die Muskeln auch schwellen, mit Rücksicht auf die New Yorker Presse und die Haifische im Anwaltsgewand, die Mitte Berlins freizuhalten von solch einer Monstrosität“.
Neben diesen kaum verhüllten antisemitischen Stereotypen von der Macht der „jüdischen Ostküste“ gab Augstein den Juden auch noch die Schuld für den Antisemitismus in Deutschland: Werde das Mahnmal gebaut, „so schaffen wir Antisemiten, die vielleicht sonst keine wären, und beziehen Prügel in der Weltpresse jedes Jahr und lebenslang, und das bis ins siebte Glied“. Und zur Krönung brachte er zustimmend ein Adenauer-Zitat: „Das Weltjudentum ist eine jroße Macht“.
Augsteins Beitrag ist in der Tat „eines der übelsten antisemitischen Pamphlete“, die nach 1945 je erschienen sind (Joachim Rohloff). Dennoch wurde es kaum kritisiert. Die Frage nach Handlungskonsequenzen aus der NS-Vergangenheit waren für Augstein offenbar gänzlich irrelevant, denn er verband das Erinnern ausschließlich mit Handlungsbeschränkungen, die für die Berliner Republik endgültig beiseite geschafft werden sollten.
Ein von der FAZ organisiertes Gespräch zwischen Walser und Bubis sowie FAZ-Heraus-geber Frank Schirrmacher und Salomon Korn vom Zentralrat der Juden markiert den Schlusspunkt der Debatte. Es sollte der symbolischen Befriedung des gesellschaftlichen Konflikts dienen, der vielerorts als „Missverständnis“ (Tagesspiegel) tituliert worden war – Bubis habe Walser falsch interpretiert und ihn somit ungerechtfertigt kritisiert.
Bubis nahm seinen Vorwurf der geistigen Brandstiftung während des Gesprächs zurück, obwohl Walser ausdrücklich darauf bestand, dass er nicht missverstanden worden sei. Außerdem verkündete Walser in aggressivem Ton, dass er sich schon mit der Vergangenheit beschäftigt habe, als Bubis „noch mit ganz anderen Dingen beschäftigt“ gewesen sei. Opfer und Täter, die Traumatisierung der Überlebenden, die sich nicht so frei für oder gegen ein Hinschauen entscheiden können, all dies wurde damit von Walser beiseite gewischt.
Walser berief sich außerdem vehement auf die positiven Reaktionen, die er bekommen habe. Die „tausend Briefe“ seien „Ausdruck einer einzigen Bewusstseinsregung“. Die durchgängige Meinung dieser Leute sei, „dass man sich einfach als Deutscher in einem Beschuldigtenzustand fühlt und durch seine Repräsentanten daraus nicht erlöst wurde“. Öffentliches Erinnern löse bei den Menschen ein schlechtes Gewissen aus. Nicht die Ungeheuerlichkeit des „Zivilisationsbruchs Auschwitz“ (Dan Diner) und der notwendig schmerzhafte Umgang damit wird für die Gewissensprobleme verantwortlich gemacht, sondern die Erinnerung daran. Die Monstrosität des Verbrechens wird in eine Monstrosität der Erinnerung umgedeutet, um sich so bequem von beidem distanzieren zu können.
Walser machte auch deutlich, dass es ihm keineswegs um eine gemeinsame Erinnerung von Juden und Nichtjuden gehe: „Unser Gewissen ist unser Gewissen, und das lassen wir uns nicht von anderen vorschreiben“. Er wolle seinen „Seelenfrieden“. Dabei verlangte er von Bubis nicht nur, von Hinweisen auf die Vergangenheit abzulassen, sondern verbat sich auch jede Einmischung in die Debatten um den gegenwärtigen Rechtsextremismus. Er habe Bubis in Rostock-Lichtenhagen im Fernsehen gesehen. Walser: „Als was waren Sie dort?“ Und: „Wenn Sie auftauchen, dann ist das sofort zurückgebunden an 1933″. Wieder sind es die Juden, die den deutschen Seelenfrieden bedrohen, und nicht etwa die Taten der deutschen Vorfahren. Handlungskonsequenzen aus der Vergangenheit lehnte Walser – wie auch Augstein – klar ab.
4. Die „Normalisierung“ der Nation auf dem Rücken der Juden
Walser hatte im Gespräch mit Bubis alle Befürchtungen erfüllt, die er schon mit seiner Rede geweckt hatte. Hinter seinen Vorwürfen steckte deutlich der Wunsch nach einer „Normalisierung“ der deutschen Geschichte durch eine Entlastung von der kollektiven Erinnerung an die NS-Verbrechen und eine Verlagerung in den Gewissenshaushalt der Individuen. Erstmals hatte ein angesehener Repräsentant der gesellschaftlichen Mitte ausgesprochen, was bisher offenbar nur klammheimlich gedacht worden war. Die überwiegend positiven Reaktionen haben seine Rede als „Befreiungsschlag“ erscheinen lassen, der generationenübergreifend und quer durch die Gesellschaft ging. Sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder verhehlte kaum seine heimliche Zustimmung und ließ vernehmen: „Ein Dichter darf so etwas. Ich dürfte das nicht“.
Walser fühlte sich durch diese Reaktionen legitimiert, für das gesamte deutsche Volk zu sprechen, um es von der „Vergangenheit, die nicht vergehen will“ (Ernst Nolte) zu befreien. Dies hatte Auswirkungen: Laut einer Meinungsumfrage von Ende Dezember 1998 befürworteten immerhin 63% der Deutschen, dass ein „Schlussstrich unter die Diskussion um die Judenverfolgung“ gezogen werden solle – deutlich mehr als in den Jahren zuvor.
Deutlich wie selten zuvor waren in dieser Kontroverse die Juden angegriffen worden – ein erinnerungsverweigernder „sekundärer Antisemitismus“ (Theodor W. Adorno) hatte sich Bahn gebrochen, der sich gegen die Juden richtete, weil diese schon qua Existenz die unerwünschte Erinnerung an den Holocaust repräsentieren und die ungebrochene Identifikation mit der deutschen Nation stören. Angesichts des „dröhnenden Schweigens“ der Politik (Sigrid Löffler) blieb es meist Bubis selbst überlassen, den Antisemitismus zu kritisieren, wofür er wiederum als „Gewissenswart“ (Berliner Zeitung) bezeichnet wurde. Die Schriftstellerin Monika Maron sah sich gar von einer „Gesinnungsdiktatur“ bedroht. Insgesamt kann man zurecht vom „ersten Antisemitismus-Streit der Berliner Republik“ (Lars Rensmann) sprechen.
5. Die „Bewältigung“ der Vergangenheit
Die Walser-Bubis-Debatte markiert einen Höhepunkt in der wechselvollen Geschichte der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in Deutschland. In der Nachkriegszeit war dabei lange das Schweigen bestimmend gewesen. Volksgemeinschaftliche Bindungen ragten in die neue Zeit hinein und erzeugten eine „allgemeine Exkulpationssolidarität, die die Deutschen miteinander verband“ (Edgar Wolfrum). Von der Judenvernichtung war selten die Rede. Die Deutschen wähnten sich zumeist als Opfer Hitlers. Diese Schuldabwehr ging einher mit der Imagination des Vorwurfs einer Kollektivschuld, den die Aliierten jedoch nie wirklich erhoben hatten. Auch der weit verbreitete Antikommunismus fungierte als Entlastungsmechanismus. Finanzielle „Wiedergutmachung“ wurde nur dort geleistet, wo es die internationale Reputation der Bundesrepublik gebot.
Die DDR hingegen beschwor ihren antifaschistischen Gründungsmythos und ging bei der Entnazifizierung auch tatsächlich konsequenter vor – zugleich jedoch entlastete man sich auf diese Weise von jeder weiteren Verantwortung für die Vergangenheit. Die Auseinandersetzung mit der Judenvernichtung fand hier zudem nur in Ansätzen statt.
Das Schweigen in der BRD wurde allmählich in den 60-er Jahren durchbrochen, z.B. durch den Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1965 (den auch Martin Walser beobachtete) und die Verjährungsdebatten im Bundestag. Der Generationenkonflikt der 68-er mit ihren Eltern schließlich hatte eine breite Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in den Familien zur Folge. 1967 erschien Alexander und Margarete Mitscherlichs Bestseller „Die Unfähigkeit zu trauern“, in dem die kollektive Verdrängung in der Täter-Gesellschaft beschrieben wurde. Mit dem Machtwechsel von 1969 und der Kanzlerschaft Willy Brandts wurde die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangheit dann auch zum Anliegen der offiziellen Politik.
Den Konservativen war dieser „negative Nationalismus“ (Heinrich August Winkler) einer vermeintlichen „Holocaustfixierung“ ein Dorn im Auge. Sie strebten nach der Wiedererlangung einer positiven nationalen Identität und versuchten dies durch eine Relativierung und Gleichsetzung der NS-Verbrechen zu erreichen. In dieser Beziehung gelang der Kohl-Regierung tatsächlich eine „geistig-moralische Wende“. Seit Mitte der 80-er Jahre entwickelten sich daraus zahlreiche geschichtspolitische Kontroversen, z.B. der Historiker-Streit (1986/87), der Skandal um die Jenninger-Rede (1988), die Kontroverse um die Neugestaltung der Gedenkstätte „Neue Wache“ in Berlin (1995), das Buch Daniel Goldhagens (1996), die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht (1997), die Diskussionen um die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und den Bombenkrieg der Alliierten sowie nicht zuletzt der jahrelange Streit um das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
Auf der anderen Seite war eine verstärkte Auseinandersetzung der breiten Bvölkerung mit den NS-Verbrechen zu verzeichnen. Diese Entwicklung begann mit der 1979 ausgestrahlten TV-Serie „Holocaust“, die sensationell hohe Einschaltquoten hatte und die Öffentlichkeit gründlich aufwühlte – obgleich auch Kritik an der „Trivialisierung“ von Auschwitz geübt wurde. Dennoch konnte die Serie die NS-Verbrechen in die Anschaulichkeit überführen und schuf damit Möglichkeiten, Empathie für die Opfer zu bekunden. Ein ähnlicher Erfolg gelang Steven Spielberg mit seinem Film „Schindlers Liste“. Auch die Erinnerungen der Holocaust-Überlebenden Ruth Klüger und Primo Levi fanden später ein großes Publikum.
Heute gibt das Fernsehen den Zeitzeugen-Erinnerungen in seinen zeitgeschichtlichen Serien mehr Raum denn je. Memoirenliteratur und Filme boomen, es gibt immer mehr Ausstellungen, außerdem Computerspiele und didaktische CDs. Es scheint, als ob wir an den Kern der NS-Verbrechen erst durch den wachsenden zeitlichen Abstand näher herankommen – „weil sich die Zeitgenossen die Erinnerung buchstäblich vom Leibe zu halten suchten“ (Norbert Frei). Diese verstärkte Auseinandersetzung der Nachgeborenen mit der Vergangenheit ist zu begrüßen – schließlich kann man auch die Alternative nicht wollen, die im Verweigern jeder Repräsentation bestünde, im Rückzug ins Schweigen und damit im Vergessen.
Die Diskussionen um Goldhagens These von „Hitlers willigen Vollstreckern“ oder um die Verbrechen der Wehrmacht waren schließlich notwendige und fruchtbare Auseinandersetzungen mit der Vergangenheit, und dass endlich die finanzielle Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter geregelt wurde, war lange überfällig. Auf der anderen Seite dieser Erinnerungskultur steht immer noch die Verdrängung in den Familien. So kommt Harald Welzer in seinen Studien zum Ergebnis, dass der Holocaust im deutschen Familiengedächtnis „keine Rolle spielt“. Die wuchtige gesellschaftliche Präsenz der Erinnerung scheint damit das Schweigen der Täter zu überlagern.
Walsers Behauptung, die NS-Vergangenheit werde den Deutschen „jeden Tag“ als „Schande“ vorgehalten, kann nicht bestätigt werden. Zwar hat die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen. Doch „auch für den Holocaust gelten die Gesetze des freien Marktes“ (Günter Rohrbach) und es gibt weder einen Zwang zur Publikation noch zur Lektüre. Was Walser wirklich wollte, war wohl eher eine Enthaltsamkeit, die ihn vom Wegschauen entbindet. Seine Thesen waren damit auch eine „Kriegserklärung an das selbstkritische Gegenwärtighalten der Vergangenheit“ (Hans-Ulrich Wehler).
6. Streit um eine „neue Art des Erinnerns“?
Die Walser-Bubis-Debatte kann durchaus als „Grundsatzdebatte der neuen Berliner Republik“ (FAZ) bezeichnet werden. Zu konstatieren ist jedoch, dass sie mitnichten eine „Verständigung über eine neue Art des Erinnerns“ erbrachte, wie Frank Schirrmacher hoffnungsvoll formulierte. Vielmehr wurde hier mit aller Brutalität der „Schleier, […] den eine trügerische Vorstellung von ‚Gedächtniskultur‘ vor der Tatsache aufgespannt hat, dass das Gedächtnis alles andere als einheitlich ist, […] zerrissen“ (Ulrich Raulff). Die Standpunkte der Kontrahenten waren wie selbstverständlich nach ihrer Herkunft bzw. Religion aufgeteilt: Walser sprach von sich aus für „die Deutschen“, Bubis sprach für viele automatisch für „die Juden“, obwohl er ausdrücklich darauf hinwies, das dies seiner Intention widerspreche. Das Vergegenwärtigen der Vergangenheit wurde so als eine jüdische Angelegenheit dargestellt und eine „gemeinsame Sprache der Erinnerung“ damit grundsätzlich in Frage gestellt.
Der deutschen Streitkultur ist nach dieser Debatte ein Armutszeugnis auszustellen, denn ein wirklicher Dialog kam nicht zustande. Zunächst wurde dies dadurch verhindert, dass der Streit von vielen als „Missverständnis“ zwischen zwei älteren Herren bezeichnet wurde. Später wurde kritisiert, dass auch Walsers vieldeutige „literarische“ Sprache zu diesem Missverständnis beigetragen habe. Allerdings hat dies durchaus Walsers Intention entsprochen. Durch seinen Rückzug auf die Dichtersprache, laut Walser die einzige, die „nichts verkaufen“ will, machte er sich unangreifbar. So konnte er politische Standpunkte äußern, die auch als solche verstanden wurden, und sich zugleich der inhaltlichen Kritik entziehen.
Im Gespräch mit Bubis wies Walser dann deutlich darauf hin, dass er nicht missverstanden worden sei. Erst hier wurde vielen klar, dass er sich nicht für eine andere, sondern gegen jedwede Erinnerung ausgesprochen hatte. „Erinnern oder Vergessen“ waren seine Parameter. Insofern markiert die Debatte in der Tat einen „Einschnitt in die Erinnerungskultur der Bundesrepublik“ (Hajo Funke).
7. „Schande“ und „Schuld“
Bezeichnenderweise nennt Walser die NS-Verbrechen durchweg eine „Schande“. Schande ist negativ konnotiert und resultiert im allgemeinen aus einer Niederlage (z.B. im Zusammenhang mit Versailles). Eine Schande setzt keine Tat voraus und kann auch üble Nachrede sein, die von außen auf eine Person oder Gruppe projiziert wird. Dies entspricht genau Walsers Vorstellung von der Beschuldigung, der „Anklage“, der er als Deutscher ausgesetzt sei. Von „Schuld“ (als Folge eines Verbrechens) spricht Walser dagegen kein einziges mal, und eine daraus resultierende Verantwortung interessiert ihn erst recht nicht. Eine bewusste und selbstkritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hätte aber eine Anerkennung genau dieser Prämissen zur Voraussetzung.
Es handelt sich hier also um zwei unterschiedliche Deutungsmuster von Geschichte. Walsers Sicht ist von einer massiven Abwehr der Erinnerung bestimmt und repräsentiert damit das Tätergedächtnis. Dieses festigt sich von innen durch einen kollektiven Habitus des Beschweigens und Verdrängens, der auch noch die nachfolgenden Generationen in seinen Bann zieht, und von außen durch den Angriff auf das betroffene Opfergedächtnis. Im kollektiven Opfergedächtnis dagegen schlägt sich das historische Trauma einer gemeinsamen Opfererfahrung nieder und erzeugt einen starken Zusammenhalt der betroffenen Gruppe. In dem Walser deren Perspektive bestreitet und ausgrenzt, werden die Opfer abermals verletzt.
8. Erinnerung und Verantwortung. Fazit
Die Walser-Bubis-Debatte hat in diesem schlechten Sinne gezeigt, wie wenig die Perspektive der Opfer im normativen Grundkonsens der Bundesrepublik verankert ist. Äußerst kritisch sind hier auch die Verlautbarungen einiger rot-grüner Bundespolitiker zu sehen. Mit dem Aufbruch in die „Berliner Republik“ scheinen sich die geschichtspolitischen Vorgaben der „geistig-moralischen Wende“ unbekümmerter denn je zu verwirklichen. So gelingt Gerhard Schröder mit seiner Aussage, zum Holocaust-Mahnmal müsse man „gerne hingehen können“, „mit wenigen Bemerkungen eine Entsorgung der Vergangenheit, die Kohl auf seine pompös historisierende Art in Bitburg noch verfehlt hatte“ (Jürgen Habermas).
Solche Schlussstrich-Mentalität realisiert sich dabei nicht mehr außerhalb des gedenkpolitischen Diskurses, sondern im Diskurs über die Vergangenheit. Während Walser noch das traditionelle Mittel der Verdrängung nutzte, wird die Historisierung und Relativierung von Auschwitz heute vielfach dadurch betrieben, dass es inflationär mit anderen Geschehnissen gleichgesetzt und „ins Formelhafte und Abstrakte“ getrieben wird „mit der Konsequenz, dass das historische Ereignis Holocaust banalisiert“ wird (Edgar Wolfrum).
Dies betrifft nicht nur das unsägliche Gerede von „Hühner-KZs“ oder „Abtreibung ist Holocaust“. Ein prägnantes Beispiel für eine solche Instrumentalisierung der NS-Vergangenheit ist auch die Begründung des Kosovo-Krieges mit Auschwitz. „Auschwitz jenseits der eigenen Grenzen (wieder-) zu finden, fällt offenbar leichter, als es in der eigenen Geschichte zu verorten“ (Volkhard Knigge). Solche vermeintlichen „Lehren aus der Geschichte“ müssen kritisch hinterfragt werden. Denn allzu oft dienen die Analogien nur der bequemen Entsorgung des Gedenkens. Die Universalisierung der Erinnerung an den Holocaust im Namen einer „globalen Menschenrechtspolitik“ (Daniel Levy/Natan Sznaider) ist daher kritisch zu hinterfragen – auch wenn sie gut gemeint ist. Denn eine solche „Entkontextualisierung“ (Norbert Frei) macht es den Nachkommen der deutschen Täter nur allzu leicht, sich von ihrer Verantwortung für die eigene Geschichte loszusagen.
Eine uneigennützige, „andere“ Erinnerung würde voraussetzen, die Opfer nicht mehr als ein Medium nationaler Selbstfindung zu missbrauchen. Die Erinnerung darf nicht der Erleichterung oder gar Heilung der Täter dienen, und schon gar nicht kann sie „schön“ sein. Das Gedenken an die Ermordeten erzeugt eine Leere, die sich nicht übertünchen lässt. Es gilt, sich der NS-Verbrechen nicht nur aus der Täter- sondern auch aus der Opferperspektive zu erinnern, ohne diese freilich zu vereinnahmen. Und das heißt, „erinnernde Solidarität“ (Micha Brumlik) zu üben. Die Erinnerung an Auschwitz muss dabei auch verbindlich öffentlich sichtbar (Peter Reichel) stattfinden, damit sie im kollektiven „kulturellen Gedächtnis“ (Aleida Assmann) bewahrt werden kann.
Auschwitz ist in seiner Sinnlosigkeit nicht zu verstehen – und dennoch darf es nicht dem Versuch der Erklärung entzogen bleiben. Denn schließlich geht es auch um die „beunruhigende politische Verantwortung, die den später Geborenen aus dem von Deutschen verübten, unterstützten und geduldeten Zivilisationsbruch erwächst“ (Jürgen Habermas), um die „konkretisierende, kritische Aneignung der Vergangenheit in die eigene Lebenshaltung“ (Robert Leicht) und also um Theodor W. Adornos zivilisatorischen Imperativ, „Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehe“.
9. Bibliographie
9.1 Beiträge zur „Walser-Bubis-Debatte“
Walser, Martin: Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede (11.10.1998), in: Schirrmacher, Frank (Hrsg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main 1999, S. 7-17.
Schirrmacher, Frank: Sein Anteil (11.10.1998), in: Ders. (Hrsg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main 1999, S.17-29.
Schmitz, Helmut: Sich seines Gewissens erinnern, in: FR vom 12.10.1998.
Nolte, Jost: Martin Walser und der Streit um das Gewissen, in: Die Welt vom 13.10.1998.
Fuhrmann, Manfred: Gewissenswarte, in: FAZ vom 14.10.1998.
Schütte, Wolfram: Wunden, in: FR vom 14.10.1998.
Göttler, Fritz: Der Frieden und sein Preis, in: SZ vom 14.10.1998.
Brumlik, Micha: Vom Alptraum nationalen Glücks, in: taz vom 15.10.1998.
Harpprecht, Klaus: Wen meint Martin Walser?, in: Die Zeit vom 15.10.1998.
Wolffsohn, Michael: „Von Brandstiftung kann keine Rede sein“, in: FAZ vom 18.10.1998.
Meyer, Martin: Martin Walser, Deutschland und der Friede, in: NZZ vom 19.10.1998.
Reinecke, Stefan: Unbehagen, in: Freitag vom 23.10.1998.
Magenau, Jörg: An der Kranzabwurf-Stelle, in: Appenzeller Zeitung vom 27.10.1998.
Bahners, Patrick: Total normal, in: FAZ vom 3.11.1998.
Bubis, Ignatz: Rede des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland am 9. November 1998, in: Schirrmacher, Frank (Hrsg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main 1999, S. 106-113.
Herzog, Roman: Rede des Bundespräsidenten bei der Gedenkveranstaltung aus Anlass des 60. Jahrestages der Synagogenzerstörung am 9./10. November 1938, in: Schirrmacher, Frank (Hrsg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main 1999, S. 113-118.
Joffe, Josef: „Kristallnacht“ und „Moralkeule“, in: SZ vom 9.11.1998.
Bogdal, Klaus M. / Brocke, Michael: Offener Brief an Martin Walser (9.11.1998), in: Schirrmacher, Frank (Hrsg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main 1999, S. 119-120.
Fuhr, Eckhard: Deprimierend, in: FAZ vom 10.11.1998.
Raulff, Ulrich: Das Geteilte Gedächtnis, in: FAZ vom 10.11.1998.
Krause-Burger, Sibylle: Ein Hauch von Leichenfledderei, in: Stuttgarter Zeitung vom 10.11.1998.
Breuers, Dieter: Opfer und Täter, in: Kölnische Rundschau vom 10.11.1998.
Willms, Johannes: Streit ums richtige Gedenken, in: SZ vom 11.11.1998.
Assheuer, Thomas: Ein normaler Staat?, in: Die Zeit vom 12.11.1998.
Dohnanyi, Klaus von: Eine Friedensrede, in: FAZ vom 14.11.1998.
Bubis, Ignatz: Ich bleibe dabei, in: FAZ vom 16.11.1998
Dohnanyi, Klaus von: Wir sind alle verletzbar, in: FAZ vom 17.11.1998.
Bubis, Ignatz: Über den Seelenfrieden, in: FAZ vom 19.11.1998.
Maron, Monika: Hat Walser zwei Reden gehalten?, in: Die Zeit vom 19.11.1998.
Dohnanyi, Klaus von: Wer das Wir zerbricht, in: FAZ vom 20.11.1998.
Weizsäcker, Richard von: Der Streit wird gefährlich, in: FAZ vom 20.11.1998.
Seligman, Rafael: Endlich streiten wir, in: Die Welt vom 21.11.1998.
Meier, Christian: Vielleicht gar ein Beitrag zur Erinnerung, in: FAZ vom 23.11.1998.
Friedman, Michel: „Der Streit über das Erinnern wird gefährlich“, in: Die Welt vom 23.11.1998.
Broder, Henryk M.: Halbzeit im Irrenhaus, in: Der Tagesspiegel vom 24.11.1998.
Reemtsma, Jan Philipp: Worüber zu reden ist, in: FAZ vom 26.11.1998.
Rohrbach, Günter: Ich präsentiere die Schande, in: FAZ vom 26.11.1998.
Friedländer, Saul: Die Metapher des Bösen, in: Die Zeit vom 26.11.1998.
Schirrmacher, Frank: Seelenarbeit, in: FAZ vom 28.11.1998.
Walser, Martin: Wovon zeugt die Schande, wenn nicht von Verbrechen, in: FAZ vom 28.11.1998.
Reinecke, Stefan: Die Zukunft der Vergangenheit, in: taz vom 28.11.1998.
Zuckermann, Moshe: Von Erinnerungsnot und Ideologie, in: Der Tagesspiegel vom 28.11.1998.
Dohnanyi, Klaus von: Schuld oder Schulden?, in: FAZ vom 30.11.1998.
Augstein, Rudolf: „Wir sind alle verletzbar“, in: Der Spiegel vom 30.11.1998.
Korn, Salomon: Es ist Zeit, in: FAZ vom 1.12.1998.
Reich-Ranicki, Marcel: Das Beste, was wir sein können, in: FAZ vom 2.12.1998.
Leicht, Robert: Warum Walser irrt, in: Die Zeit vom 3.12.1998.
Boedecker, Sven: Der Wunsch nach Normalität, in: Die Woche vom 4.12.1998.
Köhler, Andrea: Entschädigung oder Absolution?, in: NZZ vom 5.12.1998.
Gujer, Eric: Kein Schlussstrich unter Deutschlands Geschichte, in: NZZ vom 5.12.1998.
Broder, Henryk M. / Mohr, Reinhard: Ein befreiender Streit?, in: Der Spiegel vom 7.12.1998.
Nolte, Jost: Das falsche Schweigen, in: Die Welt vom 7.12.1998.
Willms, Johannes: Moralkeule und Tabu-Mine, in: SZ vom 8.12.1998.
Primor, Avi: Der Fleck auf dem Rock, in: FAZ vom 9.12.1998.
Schütte, Wolfram: Ende oder Anfang der Debatte?, in: FR vom 9.12.1998.
Wiesel, Elie: Ohne Schande, in: Die Zeit vom 10.12.1998.
Korn, Salomon: „Es kommt darauf an, wie man Rituale mit Leben füllt“, in: FR vom 11.12.1998.
Scheffer, Paul: Das Misstrauenskapital schwindet, in: FAZ vom 12.12.1998.
Gaus, Günter: Der normale Imperativ, in: SZ vom 12.12.1998.
Bohrer, Karl Heinz: Schuldkultur oder Schamkultur, in: NZZ vom 12.12.1998.
Schirrmacher, Frank: Ein Gespräch, in: FAZ vom 14.12.1998.
Bubis, Ignatz / Korn, Salomon / Schirrmacher, Frank / Walser, Martin: Wir brauchen eine neue Sprache für die Erinnerung, in: FAZ vom 14.12.1998.
Schütte, Wolfram: Der Fleck auf seinem Rock, in: FR vom 15.12.1998.
Löffler, Sigrid: Im Schein der Versöhnung, in: Die Zeit vom 16.12.1998.
Fetscher, Iring: Flaschengeist, in: FR vom 17.12.1998.
Joffe, Josef: Mitleid mit den Deutschen!, in: SZ vom 17.12.1998.
Dohnanyi, Klaus von: Es geht um Wahrheit, in: Die Weltwoche vom 17.12.1998.
Mertes, Michael: Schamschwellen beginnen zu sinken, in: Rheinischer Merkur vom 18.12.1998.
Konrád, György: Die Freiheit des Erinnerns, in: Die Zeit vom 22.12.1998.
Grass, Günter: „Unglücklich, irreführend und geschichtsvergessen“. Interview, in: Die Woche vom 24.12.1998.
Herzog, Roman: Sich der Geschichte nicht in Schande, sondern in Würde stellen, in: FAZ vom 28.1.1999.
Schröder, Gerhard: Eine offene Republik. Interview, in: Die Zeit vom 4.2.1999.
Habermas, Jürgen: Der Zeigefinger. Die Deutschen und ihr Denkmal, in: Die Zeit vom 31.3.1999.
9.2 Literatur
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Mitscherlich, Alexander und Margarete: Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, München 1977 (1967).
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