Judenemanzipation und Antisemitismus im 19. Jahrhundert

Von Tobias Jaecker, März 2002

Gliederung:

1. Ausgangspunkt: Jüdisches Leben in Mitteleuropa am Ende des 18. Jh.
2. Emanzipation
2.1 Zum Begriff „Emanzipation“
2.2 Erste Schritte auf dem Weg zur Emanzipation (1781-1815)
2.3 Wiener Kongress, Restauration und Vormärz
2.4 Integration und Akkulturation
2.5 Von 1848 bis zur Vollendung der Emanzipation (1869/71)
3. Antisemitismus
3.1 Zum Begriff „Antisemitismus“
3.2 Die Stellung der Juden in der Gesellschaft des Kaiserreichs
3.3 Antisemitismus im Kaiserreich
3.4 Antisemitische Parteien und Vereine
3.5 Widerstand gegen den Antisemitismus
3.6 Ausblick: Erster Weltkrieg
4. Forschungsüberblick und ausgewählte Kontroversen
5. Literatur

1. Ausgangspunkt: Jüdisches Leben in Mitteleuropa am Ende des 18. Jh.

Eine verallgemeinernde Darstellung jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum am Ende des 18. Jahrhunderts ist kaum möglich. Das deutsche politische Leben war zersplittert und die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen im Alten Reich äußerst unterschiedlich. Keine jüdische Gemeinde kann als repräsentativ für alle betrachtet werden. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land wie auch zwischen Ost und West waren beträchtlich. Selbst innerhalb der deutschen Einzelstaaten variierten die Verhältnisse. In Preußen lebten die Juden meist in Städten. Innerhalb jeder Stadt genossen einige Juden persönliche Privilegien, während andere mehr oder weniger abhängig und von Ausweisung bedroht waren. In Bayern war es den Juden meist verboten, in Städten zu leben, deshalb bildeten sie hier eine vorwiegend ländliche Bevölkerung. Auch in Baden, Hessen, Franken und Westfalen lebten die Juden fast ausschließlich auf dem Lande.

Gemeinden mit mehr als 1000 Mitgliedern gab es um 1780 nur in Frankfurt am Main, Hamburg/Altona, Glogau, Mannheim, Zülz (Oberschlesien) und Fürth. Innerhalb der Grenzen des zunkünftigen Kaiserreichs machten die Juden um 1800 etwa ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Knapp die Hälfte von ihnen, etwa 150.000 bis 175.000, lebte in Preußen. In Bayern lebte etwa ein Fünftel. In Hessen gab es mit drei Prozent an der Gesamtbevölkerung den höchsten Anteil an Juden. In den Habsburgischen Ländern betrug die jüdische Bevölkerung etwa 70.000, die zuerst in Böhmen und Mähren konzentriert war und später durch 200.000 galizische Juden deutlich vermehrt wurde.

Die Juden lebten bis ins späte 18. Jahrhundert überall mehr oder weniger abgesondert von der übrigen Bevölkerung. Sie standen unter der rechtlichen Aufsicht ihrer eigenen rabbinischen Gerichte und unterschieden sich durch ihre Sprache (das „Jiddische“ oder „Jüdisch-Deutsche“), ihre Kleidung und ihre religiösen Gebräuche und Familientraditionen deutlich vom Rest der Bevölkerung. Sie mussten zwar im späten 18. Jahrhundert nur noch selten in Ghettos leben, pflegten aber in „Judenhäusern“ oder „Judengassen“ in der Nähe der Synagoge zusammen zu wohnen und bildeten so oft eine räumlich abgeschlossene Gruppe. Zwar waren offene Verfolgungen zu dieser Zeit selten, doch erlebten die Juden täglich Erniedrigungen und litten unter einer Vielzahl von Einschränkungen. „Judenordnungen“ und Sondergesetze zwangen die Juden, Sonderabgaben aller Art, Schutzgelder und „Leibzoll“ für Menschen, Vieh und Handelsgüter zu zahlen. Sie mussten für das Recht zahlen, ihren Beruf auszuüben, für Heiratserlaubnisse und für Aufenthaltsgenehmigungen. Auch die jüdischen Gemeinden wurden mit speziellen Steuern belastet. Unter diesen Bedingungen bildeten die Juden eine Randgruppe. Ihre Ausgrenzung wurde noch verstärkt durch ihre materielle Notlage. Nur ein Viertel bis ein Drittel der jüdischen Bevölkerung im deutschsprachigen Raum lebte am Ende des 18. Jahrhunderts in relativ wohlhabenden Umständen. Als „reich“ können höchstens zwei Prozent der Juden bezeichnet werden. Dagegen lebten mindestens zwei Drittel in ungesicherten ökonomischen Verhältnissen, wenn nicht gar in Armut.

Über die jüdische Berufsstruktur lassen sich nur unzureichende Aussagen treffen. Die meisten Berufsfelder waren ihnen durch den Ausschluss aus den Berufs-Innungen und -Gilden verwehrt. Unter den von Juden ausgeübten Tatigkeiten dominierte der Handel, vor allem der Trödel- und Hausierhandel. In diesem Sektor übernahmen sie Funktionen, die innerhalb der ständisch-feudalen Gesellschaft von kaum jemand anderem wahrgenommen wurden. Die Zahl der mit Geld und Kredit Beschäftigten blieb dagegen, abgesehen von Zentren wie Berlin und Frankfurt, unbedeutend. Aufgrund der Zunftrestriktionen waren nur wenige Juden Handwerker, lediglich in den annektierten polnischen Gebieten arbeiteten viele als Schneider oder Schuhmacher, in der Bauwirtschaft und im Gastgewerbe. Insgesamt machten Tagelöhner, Handlungsgehilfen und Hausangestellte etwa 50% der jüdischen Arbeitskräfte aus und bildeten damit eine gewaltige gesellschaftliche Unterschicht.

2. Emanzipation

Jahrhundertelang hatte es in Europa zwar eine Judenpolitik gegeben in Form von Judenordnungen, Judenabgaben und Ausweisungen, jedoch keine „Judenfrage“. Der christlichen Bevölkerung galten sie in der Regel als ein von Gott verdammtes, sittlich verkommenes Volk, die Fürsten benutzten sie als Objekt und Instrument ihrer Finanz- und Ausbeutungspolitik. Aber für die nichtjüdische Bevölkerung stellten die Juden offenbar kein „Problem“ dar, das einer prinzipiellen Lösung bedurft hätte. Die Juden lebten außerhalb der ständischen Ordnung. Erst mit dem sich seit dem späten 18. Jahrhundert beschleunigenden sozialen Wandels von der alten zur neuen Gesellschaft rief das, was über Jahrhunderte ein anerkannter, „normaler“ Bestandteil des Lebens gewesen war, plötzlich Handlungsbedarf hervor. Forderungen nach Reform und „Verbesserung“ der Juden wurden laut. Unter dem Einfluss der Aufklärung und dem Etatismus der staatlichen Bürokratien erschien der traditionelle Status der Juden und ihrer Gemeinden nicht länger hinnehmbar, ihre isolierte Existenz als inakzeptabel. Auch einige jüdische Stimmen setzten sich für eine größere Anpassungsfähigkeit ein und riefen nach Reformen, vor allem Mitglieder der kleinen jüdischen Finanzaristokratie und der sich langsam herausbildenden schmalen kulturellen Oberschicht. So entstand die moderne „Judenfrage“ als Frage nach der Stellung der Juden in der modernen Gesellschaft. Dabei wurden nicht die wenigen reichen, sondern die Masse der armen Juden als „Problem“ empfunden, das der „Verbesserung“ bedürfe.

2.1 Zum Begriff „Emanzipation“

Der Begriff „Emanzipation“ im Zusammenhang mit der Befreiung der Juden taucht laut Rürup ab 1817 in verschiedenen Regierungsakten wie auch in Eingaben von Ständen und Korporationen auf. Größere Verbreitung erlangte der Begriff erst mit der von Wilhelm Traugott Krug verfassten Schrift „Über das Verhältnis verschiedener Religionsparteien zum Staate und über die Emanzipation der Juden“ aus dem Jahr 1828. In den 30-er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde er endgültig zum Schlagwort und zum jedermann geläufigen Begriff.

Ursprünglich entstammt der Begriff „emancipatio“ dem römischen Recht und bezeichnet die die Entlassung des Sohnes aus der väterlichen Herrschaft. In der Neuzeit wurde der Ausdruck „Emanzipation“ auf die Befreiung von Individuen oder sozialen Gruppen aus rechtlicher, politisch-sozialer oder geistiger Abhängigkeit bei ihrer gleichzeitigen Erlangung von Mündigkeit und Selbstbestimmung ausgeweitet. Bedeutung erlangte der Begriff durch das gegen die Ständeordnung und den Absolutismus aufbegehrende Bürgertum im Rahmen der Aufklärung. Er wurde unter anderem auf die gesellschaftliche und rechtliche Loslösung der Juden aus ihrem Zustand der Unfreiheit angewendet. Bald wurden auch rückwirkend diejenigen Vorgänge begrifflich einbezogen, die zunächst unter den Begriffen „Bürgerliche Verbesserung“, „Naturalisation“ oder „Gleichstellung“ gefasst worden waren.

Laut Rürup ist zwischen zwei Konzeptionen der Emanzipation zu unterscheiden. Die aufgeklärt-etatistische bezeichnet einen durch eine sukzessive Gesetzgebung begleiteten langwierigen erzieherischen Prozess, an dessen Ende erst die volle Gleichstellung steht. Diese Variante wurde in den meisten deutschen Einzelstaaten bevorzugt. Die liberal-revolutionäre Konzeption bezeichnet hingegen die Gleichstellung der Juden mittels eines einmaligen gesetzgeberischen Aktes und wurde erstmalig durch die französische Revolutionsgesetzgebung realisiert.

2.2 Erste Schritte auf dem Weg zur Emanzipation (1781-1815)

Eine Besserstellung der jüdischen Bevölkerung wurde erstmals im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts diskutiert. Entfacht wurde die Diskussion vom preußischen Kriegsrat im Berliner Staatsarchiv Christian Wilhelm Dohm (1751-1820), der 1781 auf Bitten von Moses Mendelssohn (1729-1786) eine Streitschrift mit dem Titel „Über die bürgerliche Verbesserung der Juden“ veröffentlichte. Dohm forderte darin eine Befreiung der Juden aus der Unmündigkeit und eine Gleichstellung mit ihren christlichen Mitbürgern. Allerdings sollten die verschiedenen Ausnahmegesetze nicht mit einem Schlage beseitigt werden. Die völlige rechtliche Gleichstellung sollte vielmehr erst am Ende eines schrittweisen Prozesses der „bürgerlichen Verbesserung“ der Juden stehen. Die Reaktionen auf Dohms Schrift waren geteilt. Der Göttinger Theologieprofessor Johann David Michaelis (1717-1791) verurteilte Dohms Thesen. Es drohe eine Zurückdrängung der Christen durch die Juden. Diese könnten schon „aufgrund ihrer Religion“ keine guten Staatsbürger werden. Dohms Freund Moses Mendelssohn (1729-1786), der „Vater“ der jüdischen Aufklärung, wie auch Wilhelm von Humboldt (1767-1835) kritisierten hingegen, dass Dohm die volle Gleichberechtigung erst nach einem langwierigen Prozess der bürgerlichen „Verbesserung“ durch Erziehung gewähren wolle.

Die ersten konkreten Schritte zu einem neuen rechtlichen Status der Juden unternahm 1781/82 der österreichische Kaiser Joseph II. mit der Verkündung so genannter Toleranzpatente. Deren Charakter war jedoch nicht wirklich emanzipatorisch. Im Gegenteil: Abgesehen von einigen Vergünstigungen wurde nicht nur der alte Schutzstatus beibehalten, sondern auch zahlreiche Restriktionen wie das Heiratsverbot und die Einschränkungen der Freizügigkeit erneut betont. Man wollte die Juden durch größere Freiheit und bessere Erziehung in erster Linie zu nützlicheren Untertanen des Staates machen.

Die Aufhebung sämtlicher antijüdischer Sonderrechte und die Verleihung des uneingeschränkten Bürgerrechts wurde erstmals am 13. November 1791 in Frankreich durch Beschluss der Französischen Nationalversammlung realisiert. Zuvor hatte Honoré Gabriel de Riqueti, Graf von Mirabeau (1749-1791) eine Gleichstellung der Juden im Sinne Dohms gefordert. Wesentlichen Anteil am Beschluss der Nationalversammlung hatte wiederum der monarchistische Abgeordnete Stanislaus Comte de Clermont-Tonnerre (1747-1792), der am 23. Dezember 1789 die Abgeordneten dazu aufgerufen hatte, alle religiös bedingten Privilegien und Benachteiligungen zu beseitigen („Den Juden als Menschen ist alles zu gewähren“). Die Gleichstellungspolitik stieß auf scharfe Kritik u.a. von Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), der den Juden 1793 vorwarf, einen „Staat im Staate“ zu bilden.

In den von napoleonischen Truppen eroberten Ländern erlebten die Juden ebenfalls eine erste volle Emanzipation: Zuerst in den Frankreich zugehörigen linksrheinischen Departements, dann im Großherzogtum Berg und 1808 im Königreich Westfalen. Allerdings wurde die Gleichstellung noch im selben Jahr unter dem an die Juden gerichteten Vorwurf des „volksschädlichen Wuchers“ durch das von Napoleon I. erlassene „décret infâme“ wieder eingeschränkt. Die Geltungsdauer des Dekrets wurde auf vorläufig 10 Jahre festgelegt, da sich Napoleon eine zukünftige Besserung der Juden erhoffte. Die liberal-revolutionäre Emanzipationskonzeption war damit gebrochen.

Noch unter dem Einfluss der Französischen Revolution wurden in fast allen deutschen Staaten Emanzipationsgesetze erlassen, so 1809 im Großherzogtum Baden, 1811 im Großherzogtum Frankfurt und 1813 im Königreich Bayern. Überall schafften die Edikte traditionelle Sonderabgaben ab, doch viele Restriktionen wie der Ausschluss der Juden aus dem Staatsdienst oder die Nichtgewährung der Gemeindebürgerschaft blieben in Kraft. Man wollte die Juden schrittweise „verbessern“. Eine sofortige Emanzipation lehnte man größtenteils ab. Lediglich in den Fürstentümern Anhalt-Bernburg und Anhalt-Köthen wurde 1810 bzw. 1812 die volle Gleichberechtigung proklamiert. In Österreich geschah dagegen jahrzehntelang nichts, Württemberg kam erst 1828 zu einem allgemeinen Judengesetz und Staaten wie Sachsen oder Hannover est 1838 bzw. 1842.

Einen Sonderfall stellt die preußische Gesetzgebung dar, die an die Emanzipationsbestrebungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts anknüpfte und über die Napoleonische Zeit hinaus Wirkung entfaltete. Der Leiter der Kultus-Sektion im preußischen Innenministerium, Wilhelm von Humboldt, setzte sich 1809 in einer Denkschrift für die Gleichstellung der Juden nach französischem Vorbild ein. Durch die Städtereform im Jahre 1808 erhielten die Juden bereits das aktive Bürgerrecht, weitere Rechte ergaben sich aus der Aufhebung des Zunftzwangs 1807 und der Einführung der Gewerbefreiheit 1811. In dem am 11. März 1812 von König Friedrich Wilhelm III. verkündeten „Edikt, betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in den preußischen Staaten“ wurden die Juden dann endlich in §1 als „Inländer und preußische Staatsbürger“ bezeichnet. Doch in §9 hieß es bereits einschränkend, dass über Zulassung der Juden zu „öffentlichen Bedienungen und Staatsämtern“ erst später entschieden werden könne. Das Judenedikt galt zudem nicht in der Provinz Posen, die 1815 wieder an Preußen ging und wo die meisten Juden lebten. Allein in Preußen existierten rund 20 verschiedene Judenordnungen. Dennoch kann die mit dem Emanzipationsedikt beabsichtigte politische Integration des preußischen Judentums als Errungenschaft und Wendepunkt in der Geschichte des deutschen Judentums angesehen werden.

2.3 Wiener Kongress, Restauration und Vormärz

Die Repräsentanten der Mitgliedstaaten des 1815 geschaffenen Deutschen Bundes wollten sich auf dem Wiener Kongress auf eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Judengesetze einigen. Doch die Zusammenkunft erwies sich als Rückschritt für die Emanzipationsbemühungen. Eine jüdische Delegation, die für die Aufrechterhaltung der Emanzipation plädierte, wurde von den Vertretern der Freien Städte, allen voran der Freien und Hansestadt Bremen, und vieler süddeutscher Staaten abgewiesen. Die betreffenden Passagen der Wiener Schlussakte (Artikel 16) gestatteten den einzelnen Bundesstaaten nämlich die volle Entscheidungsmacht bis hin zu einer Aufhebung der napoleonischen Gesetze, was in Frankfurt am Main, den drei nördlichen Hansestädten und in den meisten Gebieten des Königreichs Westfalen unmittelbar im Anschluss ausgeführt wurde. Die Judengesetzgebung in den deutschen Einzelstaaten blieb also uneinheitlich. Abgesehen von den Fürstentümern Anhalt-Bernburg und Anhalt-Köthen wurden die Juden überall in ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit durch teils sehr scharfe Ausnahmebestimmungen wieder eingeengt. Eine besonders reaktionäre Gesetzgebung gab es in Bremen, Lübeck, Hannover, Sachsen sowie in den mecklenburgischen und thüringischen Staaten. Relativ fortschrittlich waren die Bestimmungen in Baden und Württemberg. Im Kurfürstentum Hessen wurden mit einem Gesetz aus dem Jahre 1833 abgesehen von den „Nothändlern“ sogar sämtliche Juden zu gleichberechtigten Staatsbürgern erkärt.

Die Judenemanzipation wurde zu einer zentralen politischen Streitfrage des Vormärz. Die Ablehungsfront verlief quer durch die traditionellen Parteilager: Neben konservativen Gegnern der Emanzipation wie dem Berliner Historiker Friedrich Rühs (1779-1820), der die Emanzipationsforderung 1816 aufgrund der von ihm postulierten „germanischen“ und christlichen Elemente des deutschen Nationalstaates ablehnte, gab es auch national-liberale Judenfeinde wie Ernst Moritz Arndt (1769-1860), der bereits 1814 der Meinung war, dass die Juden einem „verdorbenen und entartetes Volk“ angehörten und sich deshalb nicht mit dem „germanischen Stamm“ vermischen düften. Der Jenenser Philosophieprofessor Jacob Friedrich Fries (1773-1843) betrachtete die Juden ebenfalls als fremdes Volk und rief sogar offen zu ihrer Vertreibung und Vernichtung auf: Die Juden müssten „mit Stumpf und Stiel“ ausgerottet werden. Tradidionell-christliche Vorurteile vermischten sich immer stärker mit „modernen“ rassistischen Argumenten. So bezeichnete der Advokat Hartwig Hundt alias v. Hundt-Radowsky (1759-1835) die Juden als „Christusmörder“, „Brunnenvergifter“ und „Ritualmörder“, deren „Volkscharakter“ dem der „Zigeuner“ gleiche.

Insgesamt kam es zu einer deutlichen Radikalisierung der Einstellung gegenüber den Juden. Die zunehmend populäre nationale Bewegung im Vormärz, vor allem in den Turnvereinen und den studentischen Burschenschaften, ließ nicht selten antisemitische Tendenzen erkennen. Jüdische Autoren wie Saul Ascher (1767-1822) waren immer wieder bemüht, antijüdische Vorurteile zurückzuweisen. Ascher wandte sich mit einer Kampfschrift unter dem Titel „Eisenmenger der Zweite“ gegen die judenfeindlichen Äußerungen Johann Gottlieb Fichtes, die dieser bereits 1793 in seinen „Beiträgen zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die Französiche Revolution“ angebracht hatte. Aschers Streitschrift „Germanomanie“ wurde 1817 von deutschen Burschenschaftern während des Wartburgfests verbrannt, wobei der Ruf ertönte: „Wehe über die Juden!“.

Auf die Kritik an der jüdischen Religion folgten nun Angriffe auf die angeblich destruktive Rolle der Juden in Wirtschaft und Gesellschaft. Im Sommer 1819 breiteten sich die so genannten „Hep-Hep-Unruhen“ gegen die Juden aus, eine Welle gewalttätiger Angriffe, die von Würzburg ausging und neben zahlreichen kleinen und mittelgroßen Städten auch auf Hamburg und Frankfurt übersprang. Beteiligt waren insbesondere Arbeitslose, Handwerksburschen, Handlungsgehilfen und verschuldete Bauern, die der verstärkten Konkurrenz im wirtschaftlichen Bereich nicht standgehalten hatten und nun den Juden die Schuld an ihrer Misere gaben. Die Unruhen wurden systematisch geschürt und die lokalen Obrigkeiten verhielten sich meist ambivalent. Der insgesamt entstandene Schaden hielt sich dennoch in Grenzen.

2.4 Integration und Akkulturation

Die rechtliche Emanzipation der Juden im Vormärz war nichts als ein Vorgeschmack geblieben. Sie erweckte Erwartungen, die sie nicht erfüllte und führte bei vielen Juden zu Ernüchterung, Enttäuschung und Resignation. Eine kleine Minderheit der Juden entschied sich für die Taufe. Der größere Teil der Juden ließ sich auf eine weit reichende Akkulturation und Verbürgerlichung ein. Man glaubte mehr und mehr, dass nur ein Judentum auf dem kultivierten Niveau der aufgeklärten Gesellschaft mit den Erfodernissen des modernen Lebens vereinbar sei. Ein langsam wachsender Wohlstand lieferte die materielle Voraussetzung für den kulturellen Wandel. Nicht wenige Juden machten von der neuen Erlaubnis zum Besuch deutscher Universitäten Gebrauch und beteiligten sich aktiv am kulturellen Leben – trotz der ihnen immer noch entgegengebrachten Vorurteile und Hindernisse. Immer mehr Juden riefen statt der traditionellen jüdischen Rabbinatsgerichte die Zivilgerichte an. Moderne jüdische Schulen entstanden und wurden zu Zentren von Reformbestrebungen. Auch die Zahl jüdischer Zeitschriften nahm rapide zu, die erstmals am 2. Mai 1837 von Ludwig Philippson herausgegebene „Allgemeine Zeitung des Judentums“ wurde am erfolgreichsten. In Berlin gündete eine Gruppe junger jüdischer Gelehrter, unter ihnen Leopold Zunz (1794-1886), Ende 1819 den „Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden“. Dem Rechtsgelehrten Eduard Gans (1797-1839), ebenfalls Mitglied des „Culturvereins“, gelang es trotz intensiver Bemühungen nicht, eine akademische Position zu erlangen. Er gab die Hoffnung auf und konvertierte. Dies zeigt, wie begrenzt die Möglichkeiten selbst für noch so assimilierungswillige Juden immer noch waren.

Auch die religiöse Praxis der Juden erlebte einen Wandel. Im Königreich Westfalen etwa führte Israel Jacobson die deutsche Predigt als Teil des regulären Sabbatgottesdienstes ein. 1815 organisierte er die ersten Reformgottesdienste in Berlin. 1818 wurde in Hamburg ein neuer „Tempel“ eröffnet, in dem besonders „eloquente“ Prediger praktizierten. Als Reformer in Theorie und Praxis traten insbesondere Abraham Geiger (1810-1874) und Zacharias Frankel (1801-1875) hervor. Die mehrheitlich traditionellen Teile der jüdischen Gemeinschaft reagierten zurückhaltend auf solcherlei Bestrebungen und blieben weiter streng gläubig. Der Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde in Frankfurt am Main, Samson Raphael Hirsch (1808-1888), beschritt mit der Begründung der deutsch-jüdischen Neo-Orthodoxie einen dritten Weg. Er trat für den Totalitätsanspruch der Thora sowie für die Vereinbarkeit der Orthodoxie mit dem Leben in einer modernen bürgerlichen Gesellschaft ein und propagierte damit eine gewisse Kompromisshaltung. Insgesamt machte die einheitliche jüdische Gemeinschaft des 18. Jahrhunderts spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einer differenzierten Gliederung Platz, in der verschiedene Modelle nebeneinander bestehen konnten. Unter den nichtjüdischen Intellektuellen, besonders denen der linkshegelianischen Schule, entwickelte sich eine neue, grundsätzliche Opposition gegen die Juden. Bruno Bauer (1809-1882) kritisierte die kollektive jüdische Identität und behauptete, eine Emanzipation der Juden sei ein zweckloses Scheingefecht. Es gehe vielmehr darum, sich von der Religion überhaupt zu emanzipieren. Karl Marx vertrat in seiner Schrift „Zur Judenfrage“ als Antwort auf Bauer die These, eine Emanzipation der Juden sei durchaus wünschenswert, könne aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zum vollständigen Umsturz der Gesellschaft sein. Auch Marx verzichtete dabei nicht auf antijüdische Rhetorik. Jüdische Autoren wie Gabriel Riesser (1806-1863) betonten hingegen unermüdlich den privaten Charakter der Religion und die ausschließlich individuelle Bedeutung der Emanzipation. Riesser setzte sich entschieden für eine Auflösung der scheinbar unvermeidlichen Verknüpfung von totaler Assimilation und rechtlicher Emanzipation ein. Er betrachtete sich selbst als Vertreter einer neuen Generation von Juden, die sich als deutsche Patrioten und zugleich als stolze Juden bekannten. Viele Juden waren zwar bereit, die Gemeinden zu reformieren, aber nur selten, sie ganz aufzulösen. Mehr als achtzig Aufsätze und Druckschriften heizten die Diskussion um die Judenfrage um 1843/44 an. Die Unvereinbarkeit dessen, was Juden und Nichtjuden von der Emanzipation erwarteten, wurde immer deutlicher.

2.5 Von 1848 bis zur Vollendung der Emanzipation (1869/71)

Schon in der Mitte der 1840-er Jahre fand sich besonders in Teilen des kommerziellen und industriellen Bürgertums ein hohes Maß an Unterstützung für eine volle Emanzipation der Juden. Die Emanzipationsdiskussion wurde bis zum Vorabend der Revolution vor allem in den süd- und südwestdeutschen Staaten geführt. 1843 stimmte der Landtag der Rheinprovinz mit überwältigender Mehrheit für ein Ende der Restriktionen und die volle Gleichberechtigung der Juden. Auch in Preußen wurde 1847 ein erneuter Anlauf zur Verbesserung der staatsbürgerlichen Stellung der Juden unternommen. Das Judengesetz von 1847 brachte eine weit gehende Vereinheitlichung der bisher geltenden unterschiedlichen Rechte, von der nur die Provinz Posen mit ihrer dichten jüdischen Bevölkerung ausgenommen blieb. Hinsichtlich öffentlicher Funktionen wurde jedoch nach wie vor keine volle Emanzipation gewährt.

Immer mehr liberale Politiker und Publizisten waren von der Unvereinbarkeit ihres Liberalismus mit den jüdischen Benachteiligungen überzeugt. Der Kampf für die Emanzipation der Juden schien nunmehr vom allgemeinen Kampf der Liberalen gegen das reaktionäre Staatensystem nicht mehr zu trennen zu sein. Die Bürgerliche Revolution von 1848 ergab für viele liberale Juden die erste Gelegenheit zu einer Beteiligung an der Politik; sie schlossen sich dem Kampf begeistert an. In erster Linie als Mitstreiter für Freiheit und Einheit, aber auch, weil hier die Frage der Emanzipation neu thematisiert werden konnte. Dem Vorparlament, dessen Mitglieder aufgrund ihrer nationalen Bedeutung eingeladen wurden, gehörten sechs Juden an. Gabriel Riesser, der in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt wurde und dort das Amt des zweiten Vizepräsidenten erfüllte, setzte sich am 29. August 1848 in einer mitreißenden Rede für die Emanzipation der Juden ein. Mit Erfolg: In den vom Parlament beschlossenen „Grundrechten des Deutschen Volkes“ hieß es in §16, dass die „bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte“ der Bürger durch ihr religiöses Bekenntnis weder „bedingt noch beschränkt“ werden dürften. Juden sollten nun also Beamte werden dürfen. In 20 deutschen Staaten wurden tatsächlich Gleichstellungsgesetze verkündet, so in den drei anhaltinischen Staaten, in Braunschweig, Bremen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Hessen-Damstadt, Hessen-Homburg, Hessen-Kassel, Holstein, Schaumburg, Lübeck, Mecklenburg-Schwerin, Nassau, Oldenburg, Preußen, Waldeck und Württemberg. Im Dezember 1848 gewährte die „oktroyierte“ Preußische Verfassung die formale Emanzipation der Juden, im März 1849 wurde sie auch im Habsburger Reich gewährt. In den übrigen Staaten gab es geringfügige Einschränkungen.

Während der Revolution kam es zu zahlreichen antijüdischen Unruhen, ja zu den „schlimmsten Judenverfolgungen der gesamten Emanzipationsepoche“ (Berding). Ursächlich waren unter anderem auch Missernten. Die ersten pogromartigen Überfälle ereigneten sich Ende Februar 1848 im Elsass. Auch in Hessen, Baden und Bayern kam es zu Angriffen, ebenso in Oberschlesien, Posen, Böhmen, Mähren und Ungarn. Die jüdische Öffentlichkeit reagierte auf diese Welle der Gewalt eher zurückhaltend und betrachtete sie meist als kaum zu verhindernde Begleiterscheinung der Revolution.

Nach dem Scheitern der Revolution wurde die Emanzipation größten Teils ebenso schnell wieder rückgängig gemacht, wie sie zuvor gewährt worden war. In der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 wurde gar betont, dass Preußen ein „christlicher Staat“ sei. Die Juden wurden damit aus der Verwaltung, dem Erziehungs- und Rechtswesen ausgeschlossen, weil sie den christlichen Eid („So wahr mir Gott helfe“) nicht leisten konnten. Auch in anderen Bundesstaaten wurde die bereits gesetzlich verbriefte Gleichstellung der Juden durch Zusatzbestimmungen oder Verwaltungsanordnungen eingeschränkt. Lediglich Lübeck, Braunschweig, Nassau, Oldenburg und Hessen-Homburg waren bereit, die Emanzipationsgesetzgebung zu vollenden. Für die überwiegende Anzahl der im Bereich des Deutschen Bundes lebenden Juden bedeutete die Reaktionszeit hingegen den Verlust der in den Revolutionsjahren erworbenen Rechte. Die meisten politisch aktiven Juden waren tief enttäuscht und zogen sich resigniert zurück.

Ende der 50-er Jahre kam die Debatte über die Judenfrage erneut auf. Möglich wurde dies durch den industriellen Aufschwung. Es wurde immer deutlicher, dass es mit den Prinzipien einer modernen Wirtschaftspolitik unvereinbar war, wenn einer Bevölkerungsgruppe wie den Juden der Zugang zu ganzen Berufszweigen verwehrt wurde. Vermehrt sandten jüdische Repräsentanten wie der Publizist Ludwig Philippson (1811-1889) Petitionen an die Regierungen und Parlamente der Länder. Schließlich wurde die rechtliche Emanzipation der Juden in Deutschland fast ohne Kontroverse und ohne wirkliche Opposition durchgesetzt. Stück um Stück wurde die Emanzipation nun erneut in den Einzelstaaten verkündet, zuerst 1860 in Hamburg (dort sogar mit der Trennung von Kirche und Staat) und Frankfurt am Main. 1861 schaffte Bayern das Matrikeledikt ab. 1862 erließ Baden ein formelles Emanzipationsgesetz, 1864 Württemberg und 1868 das Königreich Sachsen. Auch im Preußischen Landtag und im 1867 gebildeten Norddeutschen Reichstag kam es zu einer Debatte über die Judenemanzipation, die dort am 3. Juli 1869 beschlossen wurde. Am 22. April 1871 wurde dieser Beschluss vom Reichstag des neuen Kaiserreichs übernommen und somit Reichsgesetz. Die Emanzipation war nun auf der rechtlichen Ebene voll abgeschlossen. Nicht übersehen werden sollte jedoch, dass die jüdische Religion bis auf Hamburg und Bremen keinesfalls der christlichen gleichgestellt war. Die christlichen Kirchen verfügten nach wie vor über Privilegien wie den Anspruch auf die vom Staat eingezogene Kirchensteuer. Und: Die Emanzipation der Juden war ein von Regierungsseite gewährtes Zugeständnis, dessen Grundlage zu schmal war, um auf Dauer gesellschaftlich akzeptiert zu sein.

3. Antisemitismus

Der „moderne Antisemitismus“ kann – im Gegensatz zum traditionellen Antijudaismus – als eine Reaktion der bürgerlichen Gesellschaft auf die Gewährung staatsbürgerlicher Gleichberechtigung im Zeitalter von Industrialisierung und übersteigertem Nationalismus verstanden werden. Er richtete sich nicht mehr gegen eine ständisch abgesonderte, relativ machtlose Gruppe mit eigenen Lebensformen, sondern gegen eine nunmehr der Gesellschaft zugehörige und zum Teil auch mächtig gewordene, wenn auch längst nicht voll assimilierte Gruppe.

So neu, wie immer behauptet wird, konnte der „moderne“ Antisemitismus jedoch auch nicht sein, da er vor allem von Bauern, Handwerkern und Intellektuellen rezipiert wurde, die in einer noch weitgehend vor- und außerkapitalistischen Welt lebten. Wenn der Antisemitismus wirklich vorrangig mit dem Siegeszug des kapitalistischen Systems in Zusammenhang gestanden hätte, hätte er wohl in weit stärkerem Maße von Arbeitern vertreten werden müssen.

3.1 Zum Begriff „Antisemitismus“

Das Wort „Antisemitismus“ ist eine Neubildung aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Der Begriff ist vermutlich in den 1870-er Jahren von dem Publizisten Wilhelm Marr geprägt worden. Die Wortbildung „antisemitisch“ ist zwar schon 1865 im Rotteck/Welcker’schen „Staatslexikon“ und im selben Jahr im „Staatswörterbuch“ von Bluntschli/Brater nachzuweisen, doch waren dies wohl eher „zufällige“ Formulierungen im Sinne von „unsemitisch“. Der Begriff „Semit“ wiederum entstammt der theologisch-historischen Literatur des späten 18. Jahrhunderts und wurde seit den 1870-er Jahren immer häufiger als modisches, halbwissenschaftliches Synonym für den neuen Begriff des „Juden“, der durch die Abstammung bestimmt war, verwendet. Der Begriff hatte einen abwerteten Klang und gaukelte eine Wissenschaftlichkeit vor, die dieser gar nicht hergab.

Der Begriff „Antisemitismus“ wurde als Gegenbegriff hierzu gebildet, als Schlagwort, mit der die Gegnerschaft zu den „Semiten“, den Juden, bezeichnet werden konnte. Die religiösen Motivationen des überkommenen Antijudaismus wurden jetzt mit ökonomischen und sozialen Komponenten ergänzt, jedoch nie vollständig verdrängt. Der erste bisher bekannte Beleg für den Begriff findet sich in der „Allgemeinen Zeitung des deutschen Judentums“ vom 2. September 1879, wo die Ankündigung eines „antisemitischen Wochenblatts“ durch Wilhelm Marr erwähnt wurde. Ende September 1879 wurde in Berlin in Inseraten zur Bildung einer „antisemitischen“ Liga aufgerufen. Der endgültige Durchbruch des neuen Schlagworts fällt jedoch in das Jahr 1880: Die 1880/81 durchgeführte antijüdische Unterschriftensammlung wurde bald allgemein als „Antisemiten-Petition“ bezeichnet. Von Deutschland aus wurde der Begriff „Antisemititsmus“ rasch in andere Länder getragen, zuerst nach Österreich und Frankreich.

3.2 Die Stellung der Juden in der Gesellschaft des Kaiserreichs

Zu Beginn des Kaiserreichs lebten in Deutschland etwa 512.000 Juden. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 1,25%. Ein großer Teil der deutschen Juden hatte an einem bemerkenswerten sozialen Aufstiegsprozess teilgenommen. Rund 60% gehörten bereits zum mittleren und höheren Bürgertum. Als „arm“ konnte noch ein Viertel der deutschen Juden bezeichnet werden (gegenüber 50% zur Mitte des Jahrhunderts). Die meisten Juden waren noch immer im Handel tätig und hier zu Ansehen und Wohlstand gelangt. Sie waren führend in der Textil- und Bekleidungsindustrie und nahmen auch im Nahrungs- und Genussmittelbereich eine herausragende Stellung ein. Viele der neuen Warenhäuser waren in jüdischem Besitz. Gegenüber den Aktivitäten der Juden in der Leichtindustrie waren sie in der Montanindustrie und im Werkzeugmaschinenbau jedoch eher die Ausnahme, sie hatten daher nur einen geringen Anteil in den kapitalintensiven, führenden Sektoren der deutschen Wirtschaft nach der Jahrhundertmitte. Erst später gingen einige Juden in die moderen Elektro- und die Chemieindustrie. Im Bankenwesen waren die Juden wiederum stark vertreten. Doch muss bedacht werden, dass die Privatbanken von Rothschild, Bleichröder, Speyer, Mendelssohn, Oppenheim und Warburg schon im Kaiserreich nicht mehr mit den neuen Aktienbanken konkurrieren konnten. Auch große Zeitungs- und Buchverlage wie Mosse, Ullstein, Samuel Fischer in Berlin und Leopold Sonnemann in Frankfurt waren in jüdischem Besitz. Doch auch die Rolle der Juden im Journalismus wird oft überbetont: Sie waren vor allem an führender Stelle engagiert, besonders in der linksliberalen Presse und fast ausschließlich in Berlin und Frankfurt am Main. Die Mehrheit der Juden blieb weiterhin selbständig im Einzelhandel tätig, jedoch nicht mehr vorrangig als Hausierer und Kleinhändler wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als 90% der Juden diesen Tätigkeiten nachgingen, (bis 1895 war dieser Anteil auf 8% zurückgegangen), sondern vielmehr als Ladenbesitzer und respektable Kaufleute.

Beeindruckend war auch der gesellschaftliche Aufsteig der Juden. Sie wurden mehr und mehr akzeptiert und wirkten vielerorts als Mitglieder der örtlichen Handelskammern und lokaler industrieller Vereinigungen. Auch im deutschen Bildungsbürgertum konnten die Juden aufschließen. Im späten 19. Jahrhundert war der Anteil der jüdischen Schüler in den Volksschulen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil acht mal so hoch wie derjenige an nichtjüdischen Schülern. In Berlin waren um die Jahrhundertwende ein Viertel der Gymnasiasten und ein Drittel der Schüler an Realgymnasien Juden. Bereits 1886/87 waren 8% aller deutschen Studenten Juden. Deren Berufsaussichten waren jedoch sehr unterschiedlich. In der Praxis wurden die Juden von der staatlichen Laufbahn in Verwaltung, Justiz, Schule, Universität und Armee oft ferngehalten. 1909, als 10% aller Privatdozenten in Deutschland Juden waren, machte ihr Anteil unter den Professoren nur 2% aus. In den diplomatischen Dienst oder die oberen Ränge der staatlichen Bürokratie zu gelangen, war fast unmöglich. Viele Juden konzentrierten sich deshalb auf die so genannten freien Berufe: 1907 machten die Juden bereits 6% aller deutschen Ärzte aus und sogar 15% aller Rechtsanwälte. Auch der beeindruckende Beitrag der Juden in Journalismus, Literatur und in einigen Naturwissenschaften ist teilweise mit der Unmöglichkeit einer Karriere in anderen Bereichen zu erklären.

Vor allem in den städtischen Zentren bemühten sich die Juden unvermindert um Integration, wenn sie nicht sogar nach Assimilation strebten. Sie nahmen am kulturellen Leben teil und waren oft, wenn auch nicht immer, gesellschaftlich anerkannt. Der soziale Aufstieg der Juden wurde jedoch auch zur Basis vieler judenfeindlicher Vorurteile. Hatte man den Juden noch zu Beginn des Jahrhunderts ihren armen und nichtangepassten Zustand vorgeworfen, so neidete man ihnen jetzt ihren Erfolg. Einen Ausweg sahen einige Juden im Austritt aus dem Judentum, der ab 1876 durch ein so genanntes „Austrittsgesetz“ möglich wurde. Der gängigere Weg war jedoch die Taufe. Die Übertrittsraten waren dabei eng mit den Antisemitismuswellen und den darauf folgenden Phasen der Enttäuschung gekoppelt.

Eine Herausforderung ergab sich für die deutschen Juden durch die Zuwanderung osteuropäischer Juden aus Posen, Schlesien und Galizien und seit den 80-er Jahren, im Anschluss an die auf die Ermordung des Zaren folgenden Pogrome, auch in großem Stil aus Russland. Für viele dieser Immigranten war Deutschland zwar nur ein Durchgangsland, doch nicht unbeträchtlicher Teil blieb. Die Zahl der so genannten „Ostjuden“ (der Begriff bürgerte sich erst im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ein) stieg von 11.900 im Jahr 1890 auf 41.000 um 1900 bis auf 78.000 im Jahr 1910. Zuletzt machten Sie bereits einen Anteil von 10% aller Juden in Deutschland aus. Viele dieser Einwanderer dienten als billige Arbeitskräfte und lebten in mehr oder weniger großer Armut, doch den deutschen Juden gelang die Entwicklung eines breiten jüdischen Wohlfahrtswesens, womit sie ein hohes Maß an Solidarität zeigten und eine große Integrationsleistung erbrachten.

3.3 Antisemitismus im Kaiserreich

Besonders in Krisenzeiten fielen antisemitische Vorurteile auf fruchtbaren Boden, so während des so genannten Gründer- und Börsenkrachs im Oktober 1873. Zwar war diese konjunkturelle Krise durch die französischen Reparationszahlungen, Überproduktion und ein hemmungsloses Spekulationsfieber hervorgerufen worden, doch machte man die Juden dafür verantwortlich. Die „Judenfrage“ wurde nun nicht mehr grundsätzlich im Sinne der Emanzipation gestellt, sondern sie wurde durch die Forderung nach erneuter Ausgrenzung der inzwischen emanzipierten Juden, also antisemitisch, gesprägt. Die bereits erfolgte Emanzipation stand damit selbst nach ihrem formalen Abschluss unter der permanenten Drohung der Revision. Die Öffentlichkeit wendete sich weithin von den Liberalen ab. Besonders die ehemals liberalen Publizisten gaben dem neuen antiliberalen Kreuzzug seine antijüdische Komponente. In einer Vielzahl von Zeitungsartikeln, Pamphleten und Büchern wurde die Arbeit jüdischer Kapitalisten mit dem Zusammenbruch der europäischen Börsen in Verbindung gebracht. Sie waren von vornherein potenzielle „Sündenböcke“ für die wirtschaftliche Krise. Das Bild des jüdischen „Wucherers“ der ständischen Gesellschaft hatte sich in das des „Kapitalisten“ der bürgerlichen Gesellschaft verwandelt. Anitjüdische und antikapitalistische Ressentiments potenzierten sich gegenseitig. Vorgeworfen wurde den Juden die ganze Bandbreite von unverantwortlichem Verhalten bis hin zur dunklen Verschwörung.

Der Journalist Otto Glagau (1834-1892), selbst ein ehemaliger Verfechter des Liberalismus, erklärte 1874/75 in einer Artikelserie in der „Gartenlaube“, mit der er etwa zwei Millionen Leser erreichte, die „Degeneration des deutschen Liberalismus“, der unter die Herrschaft der Juden gekommen und so zu einem herzlosen „Manchestertum“ degeneriert sei. Dies gipfelte in der Aussage: „Die soziale Frage ist die Judenfrage“. Die Konservativen schwenkten schnell ein. Die konservative „Kreuzzeitung“ und einige katholische Zeitungen führten 1875 regelrechte Pressekampagnen durch, in denen antijüdische Ressentiments bewusst politisch instrumentalisiert und zur Diffamierung der herrschenden Politik benutzt wurde. Kritisiert wurden unter anderem die „jüdischen Verbindungen“ Bismarcks, die in der Person Gerson von Bleichröders (1822-1893), Bismarcks jüdischem Privatbankier, zum Ausdruck kamen.

Mitte bis Ende der 70-er Jahre war von der positiven, liberalen Atmosphäre schon nichts mehr übrig. Bereits 1850 hatte der Komponist Richard Wagner in seiner zunächst anonym erschienenen Schrift über die „Juden in der Musik“, die 1869 offiziell unter seinem Namen veröffentlicht wurde, die übelsten antisemitischen Hasstiraden von sich gegeben und jüdischen Komponisten wie Felix Mendelssohn-Bartholdy und Giacomo Meyerbeer vorgeworfen, zur „Verjudung“ des deutschen Kulturlebens beizutragen. Die Juden seien am „Verfall unserer Kultur“ schuld. Wagner kam dem „wissenschaftlichen“ Rassismus dabei schon sehr nahe. In seinem 1878 verfassten Aufsatz „Was ist deutsch?“ behauptete er, die Juden seien nicht zu integrieren. Sie seien das „erstaunlichste Beispiel von Rassen-Konsistenz, welche die Weltgeschichte noch je geliefert hat“. Eine ähnliche Meinung vertraten Wilhelm Marr wie auch der Berliner Hofprediger Adolf Stoecker (1835-1909), der in einer 1880 erschienenen Schrift in den deutschen Juden ein „Volk im Volke“ sah.

Schon 1853 bis 1855 hatte Joseph Arthur Graf Gobineau (1816-1882) seinen vierbändigen „Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen“ veröffentlicht, und bereits Mitte der 1860-er Jahre war die Rassenlehre in der deutschen Diskussion so zentral geworden, dass sie detailliert sowohl im Bluntschli/Brater’schen „Staatswörterbuch“ als auch in der vierten Auflage des Rotteck/Welcker’schen Staatslexikons behandelt wurde. Eugen Dühring (1833-1921) traf in seiner 1881 erschienen Schrift „Die Judenfrage als Rassen-, Sitten- und Kulturfrage“ die Aussage, die Juden seien keine „Religion, sondern eine Rasse“. Houston Stewart Chamberlain (1855-1927) verband später den völkischen Antisemitismus in seiner erstmals 1898 erschienen Arbeit „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“, die zu einem pseudowissenschaftlichen „Standardwerk“ werden sollte, mit einem aggressiven Sozialdarwinismus. Auch der antisemitische Publizist August Rohling (1839-1931) bediente sich rassistischer Elemente. Sein 1871 veröffentlichtes Buch „Der Talmudjude“, in dem er einen katholischen Antitalmudismus propagierte, wurde ebenfalls zu einem weit verbreiteten antisemitischen „Standardwerk“.

Heinrich von Treitschke (1834-1896) wiederum vertrat in seinen Beiträgen in den „Preußischen Jahrbüchern“ einen preußisch-deutschen Nationalismus, integrierte die antisemitische Parolen in seine Weltanschauung und behauptete, „die Juden sind unser Unglück“. In den gebildeten Schichten kam dies durchaus an, Antisemitismus wurde salonfähig. Der von Treitschke ausgelöste „Antisemitismusstreit“ der Intellektuellen wurde zum ersten Höhpunkt der neuen judenfeindlichen, antisemitischen Agitation. Neben das Stereotyp des „Krawattenjuden“ trat dabei zeitgleich mit der Zuwanderung aus Osteuropa verstärkt das Stereotyp des orthodox-frommen Juden, auch schon bei Treitschke. Die alten religiös begründeten antijüdischen Gefühle erhielten auf diese Weise neuen Auftrieb.

3.4 Antisemitische Parteien und Vereine

Der Berliner Hofprediger Adolf Stoecker (1835-1909) machte den Antisemitismus als erster zum zentralen Credo einer modernen politischen Partei. 1878 gründete er die „Christlich-Soziale Arbeiterpartei“ (seit 1881 „Christlich-Soziale Partei“) und versuchte damit, das Berliner Proletariat von den Sozialdemokraten weg in das Lager von Kirche und Krone zu ziehen. Zwar blieb seine Agitation unter den Arbeitern weit gehend erfolglos, doch in Teilen des städtischen Mittelstandes erreichte er mit seiner antisemitisch-christlichen Botschaft eine große Popularität. Außerdem agierte er mit der offiziellen Autorität von Staat und Kirche, was seine Wirkung um so gefährlicher machte. Erfolgreicher als die Stoecker-Partei war der von Bernhard Förster (einem Schwager des Philosophen Nietzsche), Max Liebermann von Sonnenberg und Ernst Henrici gegründete „Deutsche Volksverein“, bei dem der völkisch-rassistische Antisemitismus seinen Ausdruck als so genannter „Radau-Antisemitismus“ fand. Mit einer im Sommer 1881 verfassten radikalen antijüdischen Petition konnte der Verein über 225.000 Unterschriften für die Rücknahme der Emanzipationsgesetze, ein Einwanderungsverbot ausländischer Juden und die Ausweisung aller nach Deutschland eingewanderten „polnischen Juden“ organisieren.

Gegen diese „Antisemiten-Petition“ veröffentlichten 76 Wissenschaftler eine „Notabeln-Erklärung“. Theodor Mommsen, Johann Droysen, Rudolf von Gneist, Rudolf Virchow und andere protestierten darin gegen die „Wiederbelebung eines alten Wahns“. Ungeachtet dessen erzielte die so genannte „Berliner Bewegung“ mit der „Antisemiten-Petition“ jedoch eine nicht unbeträchtliche Wirkung: Preußen betrieb ab 1884 eine gezielte Ausweisungspolitik, allein 1885/86 wurden 10.000 Juden und 25.000 weitere Polen ausgewiesen. Möglich war dies wegen des 1842 in Preußen eingeführten „ius sanguinis“, des so genannten Blutrechts, denn die Ausgewiesenen hatten dadurch die preußische und deutsche Staatsbürgerschaft nicht erlangen können, sondern waren unter Sonderrecht stehende Ausländer.

1881 errang das offen antisemitische „Konservative Zentralkomitee“ bei den Wahlen in Berlin 46.000 Stimmen, konnte diese Zahlen jedoch nicht mehr verbessern und auch keinen Reichstagssitz erreichen. 1886 bündelten Theodor Fritsch (1852-1933) und der Marburger Bibliothekar Otto Böckel (1859-1923) die verschiedenen bestehenden antisemitischen Grüppchen in der „Deutschen Antisemitischen Vereinigung“, die eine sofortige Rücknahme der Emanzipation forderte. Der Schwerpunkt der antisemitischen Agitation verlagerte sich nun von der Hauptstadt auf kleinere Städte und ländliche Gebiete. Böckels Antisemitische Volkspartei fand 1887 auf dem hessischen Land Zuspruch, die antisemitischen Reformvereine unter der Führung von Fritsch hatten in den sächsischen Mittelstädten Erfolg. Mit Hilfe des 1887 gegründeten Hammer-Verlags konnte Fritsch die öffentliche Diskussion erheblich beeinflussen. In Pommern wurde Hermann Ahlwardt von den Bauern auf einer gemeinsamen Anti-Junker- und Anti-Juden-Liste in den Reichstag entsandt. 1889 schloss sich die „Deutsche Antisemitische Vereinigung“ mit anderen antisemitischen Vereinen zur „Deutsch-Sozialen Partei“ zusammen. Diese errang bei den Reichstagswahlen von 1893 2,9% der Stimmen und 16 Sitze. Die Abgeordneten konnten sich jedoch politisch nicht einig werden und agierten nicht besonders erfolgreich.

Antijüdische Tendenzen ergriffen nun zahlreiche soziale Gruppen und Institutionen, sickerten in bürgerliche Vereine und Klubs ein, in die höheren Bildungsanstalten und in mehrere politische Parteien. Unter den Studenten und dem Bildungsbürgertum hatte der Antisemitismus schon in den späten 1870-er Jahren Wurzeln gefasst. Seit den 80-er Jahren nahmen die meisten studentischen Verbindungen keine Juden mehr auf. Der extrem antisemitisch-nationalistische „Verband deutscher Studenten“ (VdSt), viele Burschenschaften und einige Corps schlossen sogar christliche Studenten jüdischer Herkunft aus. Derartige „Arierparagraphen“ wurden auch von anderen sozialen Organisationen, besonders den mittelständischen, übernommen. Diese sahen sich selbst oft als Verlierer des Modernisierungsprozesses und glaubten, dass die Juden im Gegensatz zu ihnen die größten „Gewinner“ seien. Vor allem Kleinhändler und Handlungsgehilfen standen teils in offener Konkurrenz zu Juden. Folglich spielte der „Deutschnationale Handlungsgehilfenverband“ (DHV) eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der antisemitischen politischen Bewegung. Noch aggressiver war der 1893 von Großgrundbesitzern als „Volksflügel“ der aristokratischen „Deutsch-Konservativen Partei“ gegründete „Bund der Landwirte“ (BdL), der einen Teil der Bauern und des ländlichen Mittelstands an sich binden konnte. Die „Deutsch-Konservative Partei“ führte 1892 auf ihrem „Tivoli-Parteitag“ einen antijüdischen Paragraphen ein.

Neuen Schwung erhielt der Antisemitismus durch die imperialistischen, alldeutschen Ideologien am Ende des Jahrhunderts. Eine bedeutende Rolle kam hier dem 1891 gegründeten „Alldeutschen Verband“ zu, der sich 1903 ein offen antisemitisches Programm gab und spätestens 1908 unter dem Vorsitz des Mainzer Justizrats Heinrich Claß (1868-1953), eines überzeugten Rassisten und militanten Imperialisten, zur aggressiven antisemitischen Organisation wurde. Eine allgemein anti-modernistische, anti-emanzipatorische Bewegung war entstanden, die in ihren Prämissen nationalistisch, imperialistisch und rassistisch war. Der Antisemitismus war zu einem „kulturellen Code“ (Volkov) des deutsch-nationalen Bürgertums geworden, zu einer „Weltanschauung“ (Rürup), die verhieß, dass über die „Judenfrage“ die Gesamtheit der aktuellen Probleme gelöst werde könne.

Die Nationalliberalen und das Zentrum distanzierten sich zwar weitgehend vom Antisemitismus, offen anti-antisemitisch waren von den bürgerlichen Parteien jedoch nur die Linksliberalen. Die Sozialdemokraten blieben anfangs ebenfalls nicht frei von Antisemitismus. Vor allem die Verbindung von Kapitalismus und jüdischem „Einfluss“ kam hier zum Tragen. Unter dem Einfluss von Lassalle richtete sich die Agitation auch gegen jüdische Journalisten und Intellektuelle. In den späten 1890-er Jahren erkannte die sozialdemokratische Führung jedoch die Notwendigkeit, sich vom „Sozialismus der Dummen“ zu lösen, weil man sah, dass der Antisemitismus nur dazu beitrug, den wahren Klassenfeind zu verschleiern. Es gelang der Partei jedoch nie, die unter ihren Wählern verbreiteten antijüdischen Vorurteile vollständig auszuräumen. Schließlich weigerten sich die Sozialdemokraten auch, eine jüdische Gruppenexistenz anzuerkennen.

3.5 Widerstand gegen den Antisemitismus

Organisierter Widerstand gegen den Antisemitismus bildete sich erst spät heraus. Jüdische Studenten begannen mit der Gründung eigener Korporationen, die erste war die 1886 in Breslau gegründete „Viadrina“, die sich 1896 mit anderen zum „Kartell-Convent Jüdischer Verbindungen“ (KC) zusammenschloss. 1890 rief eine Gruppe führender liberaler Politiker den „Verein zur Abwehr des Antisemitismus“ ins Leben. Die Gruppierung kam schnell auf über 12.000 Mitglieder, darunter 56 Reichstagsabgeordnete, blieb jedoch nur mäßig erfolgreich. Sie startete eine öffentliche Kampagne zur Bekämpfung des Antisemitismus.

Auch unter den Juden wurde immer stärker nach einem kollektiven Vorgehen gedrängt. Im März 1893 wurde schließlich in Berlin der „Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (C.V.) gegründet. Der C.V. umfasste bald mehrere zehntausend Einzelmitglieder und eine große Zahl jüdischer Vereine, Verbände und Gemeinden, die kollektiv beitraten. Sein Programm betonte die deutsche Nationalität der Mitglieder. Deren jüdische Identität wollte man auf die religiöse Ebene beschränkt wissen. Die Abwehrarbeit des C.V. umfasste zunächst vorwiegend den rechtlichen Bereich, doch später gewann auch die so genannte Öffentlichkeitsarbeit an Bedeutung. Der C.V. war eng mit den linksliberalen Parteien assoziiert und repräsentierte die Mehrheit der religiös-liberalen, assimilierten, deutschgesinnten, mittelständischen jüdischen Bevölkerung.

3.6 Ausblick: Erster Weltkrieg

Anfang des 20. Jahrhunderts ging der soziale Aufstieg der Juden unverändert weiter. Ihr wirtschaftlicher Erfolg hielt an, ihre gesellschaftliche Integration schien weit gehend gesichert. Der Einfluss der verschiedenen antisemitischen Parteien sank, und antisemitische Meinungen blieben vorerst Randerscheinungen. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das vorherrschende Gefühl der Sicherheit und Hoffnung zusätzlich bestätigt. In einer national aufgeheizten Atmosphäre konnten sich nun auch Juden als integraler Teil der deutschen Nation verstehen und wurden in den von der Reichsleitung verkündeten „Burgfrieden“ mit eingeschlossen. Auch unter den Frontsoldaten war zunächst ein Gemeinschaftsgefühl verbreitet. Doch mit dem Ausbleiben des schnellen Sieges und mit den ersten Niederlagen lebte der Antisemitismus wieder auf. Die Juden wurden für die militärischen Rückschläge oder die Not zu Hause verantwortlich gemacht und als Drückeberger oder gar als Kriegsprofiteure angeprangert. Eine besonders aggressive Kampagne richtete sich gegen Juden in wichtigen Positionen der Kriegswirtschaft, vor allem gegen Walther Rathenau (1867-1922), der die Rohstoffabteilung im Kriegswirtschaftsministerium leitete.

Die haltlosen Verdächtigungen erlangten eine derart weite Verbreitung, dass die Oberste Heeresleitung (OHL) am 11. Oktober 1916 die Durchführung einer umfassenden statistischen Erhebung auf die Tagesordnung setzte. Zwar wollte man mit der „Judenzählung“ angeblich dem Vorurteil des jüdischen „Drückebergers“ begegnen, doch die Zählung verlieh den Gerüchten erst recht Glaubwürdigkeit. Die Juden reagierten mit bitterer Enttäuschung, viele jüdische Soldaten fühlten sich aus dem „Traum der Gemeinschaft“ gerissen. Zu Hause versicherten die jüdischen Organisationen der deutschen Öffentlichkeit trotz allem die unerschütterliche Loyalität ihrer Mitglieder. Die Ergebnisse der „Judenstatistik“ ergaben, verglichen mit den nichtjüdischen Soldaten, einen mindestens gleich hohen Anteil von Juden im deutschen Heer. Von 550.000 Juden in Deutschland nahmen 100.000 Männer am Krieg teil, vier Fünftel von ihnen dienten an der Front und mindestens 12.000 fielen im Kampf. Die „Judenstatistik“ wurde jedoch unter Verschluss gehalten. Als Reaktion auf die erneute Ausgrenzung wurde im Januar 1919 der „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ (RjF) gegründet, dem 50.000 Personen beitraten.

Während des Krieges war der Bedarf der deutschen Industrie an billigen Arbeitskräten sprunghaft angestiegen, so dass die Reichleitung insgesamt 35.000 „Ostjuden“ anwarb. Dies geschah teilweise unter Zwang und stand im völligen Gegensatz zu einem Aufruf deutscher Truppen beim Einmarsch in den russischen Teil Polens, in dem diese den Juden versicherten, dass sie als „Freunde und Erlöser“ kämen. Die deutschen Antisemiten forderten jedoch einen Einwanderungsstopp, und tatsächlich wurde die Anwerbung weiterer ostjüdischer Arbeitskräfte am 23. April 1918 verboten. Dennoch konnten noch 10.000 weitere Juden nach Deutschland fliehen. Zu Beginn der Weimarer Republik lebten etwa 160.000 „Ostjuden“ in Deutschland. Diese wurden die „ersten Opfer des deutschen Antisemitismus“ (Wippermann). In einem Erlass vom 1. Juni 1920 beschloss der preußische Innenminister Carl Severing (SPD), alle unter Strafverdacht stehenden und „beschäftigungslosen, aber arbeitsfähigen“ Ausländer auszuweisen. Im April 1920 wies die bayerische Regierung die meisten „Ostjuden“ aus, Preußen folgte. Am 23. Januar 1921 kündigte der preußische Innenminister Dominicus (DDP) an, unerwünschte Ausländer in „Konzentrationslagern“ zu internieren. Zwei dieser Einrichtungen wurden bald darauf in Stargard (Pommern) und in Cottbus-Sielow errichtet. Die Bewachung wurde von der Reichswehr übernommen, die sich äußerst brutal verhielt. Am 15. Juli 1921 kam es im Preußischen Landtag zu einer erregten Debatte über die Zustände in den „Konzentrationslagern“, sie wurden jedoch erst am 14. Dezember 1923 auf Anordnung Severings (der erneut Innenminister geworden war) wieder geschlossen.

4. Forschungsüberblick und ausgewählte Kontroversen

In Deutschland wird gemeinhin von einem „Zeitalter der Judenemanzipation“ von 1780 bis 1870 gesprochen. Damit orientiert man sich an Rürup und dessen rechtlicher Auslegung des Emanzipationsbegriffs. Rürup unterscheidet noch zwischen zwei Hauptphasen der Judenemanzipation: 1780-1815 und dann wieder 1840-1870. Battenberg spricht hingegen von drei „Gesetzgebungswellen“: 1791-1815, um 1848 sowie 1859-1871. Nach Herzig kann man für die preußische Emanzipation auch von sechs Phasen sprechen: 1781-1812 (Dohm bis Hardenberg); Restaurationszeit bis zum Judengesetz 1847; die Revolutionsphase, in der eine lediglich theoretische Gleichberechtigung erzielt wurde; die Hemmung des Emanzipations-prozesses in den 1850er Jahren; die liberalen 1860-er Jahre mit dem Höhepunkt der rechtlichern Gleichstellung; und als letzte Phase die frühen 1870-er Jahre, in denen sich im Zuge der Wirtschafts- und Modernisierungskrise mehr und mehr antijüdische Stimmen Gehör verschafften und sich die neue Ideologie des Antisemitismus verfestigte.

Rürup unterscheidet zwischen einem vor- und nachemanzipatorischen Antisemitismus und nennt zwei wesentliche Gründe für die Entfaltung des „modernen“ Antisemitismus. Erstens habe die Zeit nicht gereicht, um die volle Judenemanzipation in der Gesellschaft zu Akzeptanz kommen zu lassen. Zweitens könne man aus der halbherzigen und schrittweisen Emanzipation, die von Nützlichkeitskriterien und dem Erziehungsgedanken geprägt war, eine „Kontinuität des Vorurteils“ ablesen. Der Versuch, den Vorurteilen entgegenzutreten, habe meist nicht stattgefunden. Die vorgezogene Aufhebung wirtschaftlicher Restriktionen habe zu einer Diskrepanz zwischen den wirtschaftlichen Möglichkeiten und politischer Selbst- und Mitbestimmung geführt. Schließlich habe es nie eine revolutionäre Neuordnung und eine umfassende Gesamtreform der Gesellschaft inklusive vollständiger Emanzipation wie in Frankreich gegeben. Dem ist jedoch mit Battenberg entgegenzuhalten, dass die französische Emanzipationsbewegung keineswegs so widerspruchsfrei und uneingeschränkt erfolgreich war. Toury unterscheidet deshalb zwischen einer kontinentalen und einer angloamerikanischen Emanzipations-Variante. Während die kontinentale Emanzipation vom individualistischen, erzieherischen Gedanken und dem Gedanken der Großzügigkeit ausgegangen sei, trage das angloamerikanische Modell eher korporative und pluralistische Züge. Toury thematisiert vor allem die gruppenspezifische Stigmatisierung und Ausgrenzung, während er dem individualistischen Modell der Französischen Revolution die Progressivität eher abspricht.

Benz, Erb/Bergmann, Hentges und Wippermann wiederum widersprechen der Tendenz Rürups, nach einer letztlich positiven Durchführung der Emanzipation den entscheidenden Bruch im Kaiserreich auszumachen. Sie betonen, dass der „moderne Antisemitismus“ nicht so neu war, wie oft behauptet. Der Antijudaismus der Emanzipationsgegner sei schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts rassistisch durchsetzt gewesen.

Oft werden bei der Analyse des modernen Antisemitismus sozioökonomische Faktoren überbetont, wenn die Judenfeindschaft nicht gar zu einem Nebenprodukt allgemeiner Krisenlagen deklarierte wurde. Dennoch kommt dem Gründerkrach und der Wirtschaftskrise der 1870-er Jahre sowie dem Niedergang des bürgerlichen Liberalismus beim Aufstieg des modernen Antisemitismus nach Grab unbenommen Bedeutung zu. Kennzeichnend für den aufkommenden modernen Antisemitismus ist auf jeden Fall das Entstehen neuer antisemitischer Parteien sowie eine neuartige Qualität rassischer Argumentation. Volkov macht zudem eine neue kulturelle Dimensionen aus und spricht von einem „kulturellen Code“, der sich über den Dunstkreis der radikalen Antisemiten hinaus auf breiter Basis im national-bürgerlichen Milieu habe verankern können. Dieser Code habe als kulturell-imaginäre Grundlage der Judenfeindschaft ein ständig abrufbares Ideenarsenal bereitgestellt und habe so in Phasen antisemitischer Aktion Wirkung entfalten können. Battenberg betont, dass das Konzept des „kulturellen Codes“ auch auf frühere antijüdische, antisemitische Phasen in der deutschen Geschichte zutreffe. Er unterstreicht jedoch auch die spezifische Modernität des national-chauvinistischen Rassenbegriffs.

Eine kontroverse Frage ist nach wie vor die nach der Kontinuität des modernen Antisemitismus. Für Paul Massing etwa führte der Antisemitismus in seiner modernen Ausprägung durch politischen Parteien direkt zum Nationalsozialismus und kommt einer „Generalprobe für die Vernichtung“ gleich. Dem ist jedoch sowohl von Toury als auch von Levy widersprochen worden, der auf den Niedergang der antisemitischen politischen Parteien zum beginnenden 20. Jahrhundert hinweist. Jochmann hat demgegenüber festgehalten, dass es zwar einen Niedergang antisemitischer Parteien gegeben habe, nicht jedoch der antisemitischen Ideologien.

Der Versuch, eine vom Kaiserreich in den Nationalsozialismus führende Kontinuität zu begründen, ist von den meisten Historikern als deterministisch abgelehnt worden. Dennoch können einige Kontinuitätslinien verfolgt werden, wie dies etwa Bein, Greive, Strauss oder Katz getan haben. Während Grab und Rürup behaupten, dass sich der moderne Antisemitismus deutlich vom christlichen Antijudaismus abhebe, sehen erstere eine ungebrochene Konstanz religiös begründeter antijüdischer Vorurteile. Am weitesten geht dabei wohl Katz, nach dessen Ansicht das Christentum mit verantwortlich für den Antisemitismus bis hin zum Holocaust ist.

Rürup, Jochmann und Volkov haben diesen oft eindimensional wirkenden Kontinuitätsbehauptungen widersprochen, in dem sie auf Phasen der deutschen Geschichte verweisen, in denen der Antisemitismus nicht radikal, sondern abgeschwächt war. Dies gilt für den Vormärz, aber auch für das Ende des Kaiserreichs (Volkov). Eine vermittelnde Position nehmen Berding und andere ein, die von einem vielfältigen Ursachengeflecht des nationalsozialistischen Völkermords zu sprechen.

In den Diskussionen über Emanzipation und Antisemitismus spiegelt sich auf Seiten jüdischer Historiker auch ein Streit der zionistisch und liberal orientierten Strömungen. Tendenziell stellen zionistisch orientierte Historiker eher einen direkten Zusammenhang vom Früh-Antisemitismus über den modernen Antisemitismus bis zum nationalsozialistischen Völkermord her, als dies liberale jüdische Historiker tun. Der Grund hierfür ist in der ablehnenden Haltung gegenüber dem jüdischen Leben in der Diaspora zu suchen. Nach Volkov hat es jedoch in den letzten Jahren eine Angleichung der Positionen unter den jüdischen Historikern gegeben.

5. Literatur

Battenberg, Friedrich, Antisemitismus als kultureller Code in der deutschen Geschichte. Anmerkungen zu Elementen einer antijüdischen Denkweise, in: Kiesel, Doron u. Siegele-Wenschkewitz, Leonore (Hrsg.), Der Aufklärung zum Trotz. Antisemitismus und politische Kultur in Deutschland, (=Arnoldshaimer Texte, Bd. 100), Frankfurt am Main 1998.

Battenberg, Friedrich, Das Europäische Zeitalter Juden. Zur Entwicklung einer Minderheit in der nichtjüdischen Umwelt Europas, Darmstadt 2000.

Bein, Alex, Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, 2 Bde., Stuttgart 1980.

Benz, Wolfgang / Bergmann, Werner (Hrsg.), Vorurteil und Völkermord. Entwicklungslinien des Antisemitismus, Bonn 1997.

Berding, Helmut, Moderner Antisemitismus in Deutschland, Stuttgart 1988.

Erb, Rainer / Schmidt, Michael (Hrsg.) Antisemitismus und jüdische Geschichte. Studien zu Ehren von Herbert A. Strauss, Berlin 1987.

Erb, Rainer / Bergmann, Werner, Die Nachtseite der Judenemanzipation. Der Widerstand gegen die Integration der Juden in Deutschland 1780-1860, Berlin 1989.

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Grab, Walter, Der deutsche Weg der Judenemanzipation 1789-1938, München u.a. 1991.

Greive, Hermann, Die Geschichte des modernen Antisemitismus in Deutschland, Darmstadt 1983.

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Hentges, Gudrun, Schattenseiten der Aufklärung. Die Darstellung von Juden und „Wilden“ in philosophischen Schriften des 18. und 19. Jahrhunderts, Schwalbach 1999.

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Katz, Jacob, Aus dem Ghetto in die bürgerliche Gesellschaft. Jüdische Emanzipation 1770-1870, Frankfurt/M. 1988.

Levy, Richard S., The Downfall of the Anti-Semitic Political Parties in Imperial Germany, New Haven 1975.

Rohrbacher, Stefan, Die „Hep-Hep-Krawalle“ und der „Ritualmord“ des Jahres 1819 zu Dormagen, in: Erb, Rainer / Schmidt, Michael (Hrsg.) Antisemitismus und jüdische Geschichte. Studien zu Ehren von Herbert A. Strauss, Berlin 1987.

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Volkov, Shulamit, Die Juden in Deutschland 1780-1918 (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 16), 2., verbesserte Aufl., München 2000.

Volkov, Shulamit, Jüdisches Leben und Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert. 10 Essays, München 1990.

Volkov, Shulamit (Hrsg.), Sozialgeschichte der Juden in Deutschland. Festschrift zum 74. Geburtstag von Jacob Toury (=Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Bd. 20), Gerlingen 1991.

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