Rechtslage: Scheinselbstständigkeit

Das Gesetz der Bundesregierung ist ein zahnloser Tiger:Die meisten Freiberufler werden immer noch als Selbstständige anerkannt

Von Tobias Jaecker

www.gruenderlinx.de Der Aufschrei war groß, als die Bundesregierung Ende 1998 das Gesetz gegen die Scheinselbstständigkeit durchsetzte. Glaubte man den Lobbyisten, würden bald Tausende Freiberufler ohne Arbeit auf der Straße sitzen. Besonders stark gefährdetet Berufsgruppe: IT-Experten. Denn diese arbeiten oft mehrere Monate lang an einem Projekt für nur einen Kunden – als Freie.

Doch die Bundesregierung lenkte ein und brachte ein Korrekturgesetz auf den Weg. Seitdem ist es still geworden um den Zankapfel Scheinselbstständigkeit. „Das Gesetz ist ein zahnloser Tiger“, sagt Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht in der Informationsgesellschaft an der Fachhochschule Frankfurt. „Faktisch hat sich der Status quo gehalten.“

Anhand von fünf Kriterien lässt sich prüfen, ob der Freiberufler als Selbstständiger gilt oder nicht: 1. Hat er keine Angestellten? 2. Besteht ein längerfristiges Engagement nur für einen Auftraggeber? 3. Ist er in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers eingegliedert? 4. Tritt er nicht unternehmerisch am Markt auf? 5. Übernimmt er Aufgaben, die zuvor Angestellte übernommen haben? Treffen drei der Kriterien zu, gilt er als Arbeitnehmer – Sozialabgaben werden fällig.

„Es gibt einen Ermessensspielraum“, sagt Heike Helfer vom Bundesarbeitsministerium. Im Zweifel macht die Bundesanstalt für Angestellt eine Einzelfallprüfung. Für Existenzgründer gilt die Regelung in den ersten drei Jahren nicht. Wer nur für einen Auftraggeber arbeitet, sonst aber selbstständig ist („arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger“), muss in jedem Fall Rentenbeiträge zahlen.

Erschienen in: Net-Business, 24.7.2000