Der Kampf der ‚Hauptstadt-Zeitungen‘

Eine qualitative Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung
von Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost und taz

Hausarbeit zum Projektseminar „Medienjournalismus“
Dozent: Prof. Dr. Stephan Ruß-Mohl
Freie Universität Berlin, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
WS 1999/2000

vorgelegt von Tobias Jaecker

Gliederung:

I. Einleitung
II. Der Berliner Pressemarkt
II.1 Abgesteckte Märkte: Die geteilte Stadt
II.2 Alles wird anders: Die Deutsche Einheit
II.2.a Die Ost-Berliner Presse
II.2.b Die West-Berliner Presse
II.3 Kampf mit allen Mitteln: Die 90-er Jahre
II.3.a Berliner Zeitung
II.3.b Tagesspiegel
II.3.c Berliner Morgenpost
II.3.d taz
II.3.e Sonstige Tageszeitungen
II.4 Zeit der Entscheidung?
III. Die Berichterstattung über den Kampf der ‚Hauptstadtzeitungen‘
III.1 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse
III.2 Untersuchungsmethode
III.3 Untersuchungsergebnisse
III.3.a Berliner Zeitung
III.3.b Tagesspiegel
III.3.c Berliner Morgenpost
III.3.d taz
IV. Diskussion und Interpretation der Untersuchungsergebnisse
V. Fazit
VI. Bibliographie
VI.1 Verzeichnis der verwendeten Quellen
VI.2 Verzeichnis der verwendeten Literatur

I. Einleitung

Der Berliner Pressemarkt befindet sich in Aufruhr, und das schon seit Jahren. Genauer: Seit der deutschen Vereinigung, die den Berliner Tageszeitungen unversehens eine neue Geschäftsgrundlage bescherte. Mit einem mal eröffnete sich den Blättern die Möglichkeit, zu Gesamt-Berliner Zeitungen zu werden. Im Unterschied zur Alt-Bundesrepublik erhielten hier auch die Zeitungen aus dem Ostteil der Stadt die Chance, in den West-Markt einzudringen. Spätestens mit dem Parlamentsbeschluss über den Regierungsumzug in die alte und neue Hauptstadt Berlin entfachte sich ein publizistischer Wettstreit, wie er in der Bundesrepublik schon lange nicht mehr vorgekommen war. Schon bald wurde über die Pressevielfalt in der Weimarer Republik debattiert und über die unverhoffte Möglichkeit, diese wiederzuerlangen. Nicht wenige der Zeitungsmacher, die sich damals Chancen ausmalten, mit ihrer Publikation in eine führende Position zu gelangen, sind mittlerweile gescheitert. Doch der Kampf um den Titel der „Hauptstadtzeitung“ tobt nach wie vor und ist noch lange nicht entschieden. Die Umschreibung „Hauptstadtzeitung“ bezeichnet dabei, so der öffentliche Tenor, eine Berliner Tageszeitung, die neben ihrer starken regionalen Verankerung auch überregional Leser vorweisen kann und eine herausragende meinungsbildende Funktion in der Bundesrepublik Deutschland innehat. Ein Profil, das bislang noch keine der am Markt bestehenden Zeitungen vorweisen kann.

In vorliegender Arbeit möchte ich den Wettstreit der Berliner Presse zur Erlangung dieses imaginären Titels zunächst nachzeichnen und analysieren. Obgleich das Augenmerk dabei in erster Linie den seriösen „Qualitätsblättern“ gelten soll, werden zur besseren Einschätzung des Pressemarktes zunächst auch die nicht im Abonnement erhältlichen so genannten „Boulevardzeitungen“ in die Untersuchung mit einbezogen. Aufbauend auf dieser Marktanalyse soll dann der weiterführenden Frage nachgegangen werden, in welcher Form die Hauptkontrahenten des Zeitungskampfes über dieses medienpolitische Ereignis in den eigenen Blättern berichten. Interessant erscheint mir dieser Ansatzpunkt insofern, als sich dadurch sowohl Aufschluss über die eigene Standortbestimmung und das Selbstbild der Zeitungen erlangen lässt als auch über die Unabhängigkeit der Bericht erstattenden Medienredakteure.

Um diese Fragen hinreichend beantworten zu können, scheint mir eine qualitative Inhaltsanalyse der Berichterstattung in den jeweiligen Medienressorts das adäquate Instrument zu sein. Sämtliche auf dem Berliner Markt miteinander konkurrierenden Zeitungen zu analysieren, würde an dieser Stelle zu weit gehen. Die Untersuchung beschränkt sich deshalb auf die Berliner Zeitung, den Tagesspiegel, die Berliner Morgenpost und die taz. Eine Begründung dieser Auswahl ergibt sich aus dem ersten Teil der Arbeit und wird in Kapitel III.1 noch ausführlich dargestellt.

Da der gebotene Umfang der Arbeit nicht allzu arg strapaziert werden soll, geht die Darstellung womöglich an einigen Stellen nicht tief genug. Eine weitergehende Inhaltsanalyse der untersuchten Objekte etwa muss leider unterbleiben – die inhaltlichen Profile bzw. die Unterschiede der Blätter können demzufolge in der Darstellung nur angerissen werden. Auch auf die Sozialstruktur der Berliner Leserschaft kann hier nicht weiter eingegangen werden; mit einer diesbezügliche Betrachtung hätten möglicherweise ein Stück weit die Schwierigkeiten erklärt werden können, mit denen die Kontrahenten im jeweils „fremden“ Stadtteil zu kämpfen haben. Trotz dieser Unzulänglichkeiten hat die Untersuchung jedoch einige interessante Ergebnisse zu bieten. Nun aber genug der Vorrede – viel Spaß beim Lesen!

II. Der Berliner Pressemarkt

II.1 Abgesteckte Märkte: Die geteilte Stadt

West-Berlin wies im Jahr 1989 die größte Zeitungsdichte in der alten Bundesrepublik auf. In der „Frontstadt“ hatten sechs Tageszeitungen ihren Hauptsitz. Der Markt wurde jedoch in überwältigendem Maße von Publikationen des Axel-Springer-Verlags beherrscht. Größte Zeitung war die Kaufzeitung B.Z., zuletzt mit 37,8% Marktanteil, gefolgt von der Abo-Zeitung Berliner Morgenpost (24,3%). Die Berliner Ausgabe der Bild-Zeitung lag mit 14,3% weit abgeschlagen dahinter. Der damals noch unabhängige Tagesspiegel hatte einen Marktanteil von 17,8%. Das ebenfalls unabhängige Volksblatt kam mit einem Marktanteil von ca. 4% nicht über seinen traditionellen Nordberliner Lesekreis hinaus. Die Auflage der alternativen tageszeitung (taz) lag sogar noch geringfügig darunter (Held/Simeon 1994: 18).

Die 39 Tageszeitungen der DDR wurden von den Parteien und Massenorganisationen herausgegeben. Sie standen unter restriktiver staatlicher Kontrolle und hatten die Grundaufgabe, als „Propagandist, Agitator und Organisator zu wirken“ (Törne/Weber 1996: 278). Sämtliche Zeitungen der DDR unterlagen der Lizenzierung durch das Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrats. Die Höhe der Auflagen wurde durch die Zuteilung der Papierkontingente bestimmt, wobei die SED-Presse stets deutlich bevorzugt wurde. Das SED-Zentralorgan Neues Deutschland, die Kaufzeitung BZ am Abend und die 14 Bezirkszeitungen, darunter die Berliner Zeitung, bestritten über 70% der Gesamtauflage. Weitere 21 Prozent entfielen auf die FDJ-Zeitung Junge Welt, die Tribüne des FDGB und auf das Deutsche Sportecho. Die restlichen 9% teilten sich die vier Zentralorgane und 14 Regionalzeitungen der Blockparteien CDU, LDPD, NDPD und DBD. Die tägliche Gesamtauflage der Tageszeitungen in der DDR betrug rund 9,8 Mio. Exemplare. Die höchste Auflage hatte mit 1,5 Mio. Exemplaren die Junge Welt, danach folgte das Neue Deutschland mit 1,1 Mio. Exemplaren. Die Berliner Zeitung verkaufte täglich 439.100, die BZ am Abend 204.800 Exemplare (Held/Simeon 1994: 21).

II.2 Alles wird anders: Die Deutsche Einheit

II.2.a Die Ost-Berliner Presse

Die mit der „Wende“ in der DDR einhergehenden Umwälzungen der Presselandschaft vollzogen sich teilweise spontan und ohne Rücksicht auf die Rechtslage. Zwischen November 1989 und Mitte Januar 1990 mussten die Chefredakteure aller 17 SED-Zeitungen ihre Sessel räumen. Die Redaktionen erklärten sich für unabhängig (Kulick 1990: 48). Am 10. Januar beschloss das Parteipräsidium der SED-PDS, auf 11 der 16 parteieigenen Zeitungsverlage, darunter den Berliner Verlag, zu verzichten und sie in Volkseigentum unter Treuhandverwaltung zu überführen. Eine Steigerung der Zeitungsauflage wurde durch Papiermangel und Vertriebsprobleme verhindert. Dennoch gründeten sich zahlreiche neue Blätter, die ihr Erscheinen oft schon nach wenigen Monaten wieder einstellen mussten (Martini 1991: 41). Erwähnt sei hier nur das von der Bürgerbewegung in mehreren ostdeutschen Städten gegründete Blatt die andere. Die Berliner Ausgabe überlebte immerhin bis Sommer 1992 (E.B. 1992: 50). Am 1. April 1990 wurden alle direkten und indirekten Subventionen für die DDR-Zeitungen durch SED oder Staat gestrichen. Die zwangsläufig folgenden Preiserhöhungen zogen dramatische Auflagenverluste nach sich.[1]

Die erste große Umwälzung im Berliner Verlagswesen vollzog sich bereits im Mai 1990: Der Berliner Verlag, der diverse Zeitschriften und Zeitungen (unter anderem die Berliner Zeitung und die BZ am Abend) herausgab, wurde von der Eigentümerin SED-PDS zu 50% an den britischen Verleger Robert Maxwell verkauft. Über den Verkauf der anderen Hälfte wurde zunächst mit den Verlagen Bauer, Springer, Gruner+Jahr sowie dem WAZ-Konzern verhandelt (Röper 1990: 35). Den Zuschlag erhielt im Herbst 1990 der Verlag Gruner+Jahr. Nach Branchengerüchten betrug der Kaufpreis 300 Mio. DM (Held/Simeon 194: 54). Der den Westberliner Pressemarkt beherrschende Springer-Verlag sah sich nun einem ernstzunehmenden Konkurrenten gegenüber; der „Kampf der Giganten“ (Martini 1990: 35) war eröffnet.

Nach dem Verkauf der Berliner Zeitung übernahm der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Erich Böhme die Funktion des Herausgebers der Zeitung. Böhme wollte aus dem Blatt eine liberale Tageszeitung machen (Meyn 1990: 38). Zwar erlitt die Berliner Zeitung in den ersten beiden Jahren nach der Wende hohe Auflagenverluste, konnte ihren Status als größte Abonnementzeitung Berlins jedoch halten. Ernüchternd wirkten nach wie vor die Verkaufszahlen in West-Berlin. Erich Böhme sprach von einem „Spagatschritt“, den die Berliner Zeitung vollführe. Man müsse „genau austarieren, wie weit man den Schritt in den glitzernden Westen mit seinem ja auch sehr unterschiedlichen Journalismus machen kann, ohne die alten Abonnenten und treuen Kunden im Osten zu verlieren“ (zit. nach Meyn 1990: 38).

Die BZ am Abend, einzige Kauf-Zeitung der DDR, wurde Ende 1990 in Berliner Kurier am Abend umbenannt. Zum 2. April 1991 wurde der Berliner Kurier am Morgen als selbständige Morgenausgabe eingeführt; das Blatt besitzt seitdem in Ost-Berlin konstant die Marktführerschaft unter den Kauf-Zeitungen. Die Abendausgabe des Kurier wurde im Sommer 1992 eingestellt. Seit dem Frühjahr 1991 erscheint eine zusätzliche Sonntagsausgabe des Berliner Kurier. Das Neue Deutschland verlor bis Mitte Juni 1990 bereits 70% seiner einstigen Auflage von 1,1 Mio. Exemplaren und kämpfte infolge dessen mit großen finanziellen Problemen (Held/Simeon 1994: 61).[2] Die Junge Welt hatte bereits am 11. November 1989 ihren Chefredakteur abgesetzt und Jens König zum Nachfolger berufen. Die Eigentümer der einstigen FDJ-Zeitung wechselten nach der Wende mehrmals. Erst wurde die Zeitung selbständig, später übernahm sie die Mediengruppe Schmidt & Partner.

Der Springer-Verlag kaufte kurz vor der Vereinigung den Ostberliner Sportverlag mit dem Deutschen Sportecho. Das Blatt konnte sich jedoch nicht als Tageszeitung für Sport etablieren und wurde im April 1991 eingestellt. Der Morgen, das ehemalige Zentralorgan der LDPD, fusionierte 1990 mit der Berliner Allgemeinen und wurde im Sommer ebenfalls vom Axel-Springer-Verlag übernommen. Obwohl die journalistische Linie des Morgen allseits gelobt und mit Journalistenpreisen bedacht wurde, stellte der Verlag die Zeitung wegen ihrer geringen Auflage mit der Ausgabe vom 11. Juni 1991 entgegen einer zuvor zugesicherten Bestandsgarantie überraschend ein (Kulick 1991: 18 ff.). Die Tribüne, ehemaliges Zentralorgan des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), fand ebenfalls keine dauerhafte Marktnische und wurde Ende September 1991 eingestellt (Held/Simeon 1994: 64). Die Abonnentenkartei übernahm die Neue Zeit.

Die Verlagsgruppe Frankfurter Allgemeine Zeitung übernahm nach der Wende fast alle Tageszeitungen der Ost-CDU sowie der Bauernpartei. Auch diese Blätter wurden jedoch nach und nach eingestellt. Am 31. Juli 1992 musste das Deutsche Landblatt, Nachfolger des Bauernecho, geschlossen werden. Mit der Ausgabe vom 5. Juli 1994 stellte schließlich auch die Neue Zeit ihr Erscheinen ein, nachdem trotz eines Relaunches[3] die erhoffte Auflagensteigerung ausgeblieben war (Held/Simeon 1994: 51).

II.2.b Die West-Berliner Presse

Die West-Berliner Verlage reagierten zunächst vor allem mit einer Ausweitung der publizistischen Leistung auf die Maueröffnung. Eine darüber hinaus gehende systematische Verlagspolitik wurde erst Monate später betrieben. Im II. Quartal 1990 konnten die West-Berliner Tageszeitungen fast 200.000 Exemplare in Ost-Berlin und der DDR absetzen, bis zum IV. Quartal fiel diese Zahl wieder auf 165.000 (Held/Simeon 1994: 102). Gewinner waren dabei B.Z. und Berliner Morgenpost, die ihren Ostverkauf in diesem Zeitraum auf 100.000 bzw. 47.000 Exemplare steigern konnten. Die Sonntagsausgabe der Morgenpost verkaufte sich in Ost-Berlin sogar 75.000 mal. Die geringste Anzahl an Ost-Exemplaren verkauften taz und Tagesspiegel mit 10.000 bzw. 3.000 Stück. Da die Berliner Zeitung vor allem am Montag ernsthaft zur Konkurrenz zu werden drohte, dem Wochentag, an dem die West-Berliner Abozeitungen bis dato nicht erschienen, führten Morgenpost und Tagesspiegel Ende 1991 die 7-Tage-Woche ein (Meyn 1992: 52). Die Berliner Morgenpost versuchte zudem, der Berliner Zeitung mit groß angelegten Marketingmaßnahmen Boden im Osten streitig zu machen. Bereits seit März 1991 gab die Zeitung eine gesonderte Ost-Lokalausgabe „Berlin & Brandenburg“ heraus.

Der Springer-Verlag vertrieb nach der Vereinigung neben der West-Berliner Ausgabe der Bild-Zeitung in Ost-Berlin und den neuen Ländern eine eigenständige Ost-Ausgabe, deren Auflage zunächst über die Millionengrenze stieg, bis Sommer 1991 jedoch wieder auf 500.000 Exemplare absank. Die daraufhin gegründete Regionalausgabe Bild-Berlin/Brandenburg erschien im Gegensatz zur West-Berliner Ausgabe zunächst mit stark abweichender inhaltlicher Aufmachung. Die publizistisch-inhaltlichen Unterschiede gingen jedoch kontinuierlich zurück. Seit August 1994 operiert Bild mit einer gemeinsamen Regionalausgabe für Gesamt-Berlin und Brandenburg (Held/Simeon 1994: 41). Die erfolgreichere Springer-Zeitung B.Z. ging im Januar 1992 mit einer Sonntagsausgabe auf den Markt, um dem Berliner Kurier am Sonntag Konkurrenz zu machen.

Bereits 1989 war der Springer-Verlag mit einer Minderheitsbeteiligung bei der Druckerei des Spandauer Volksblatts eingestiegen. Die Zeitung hatte nach der Maueröffnung zunächst versucht, unter dem Titel Volksblatt Berlin in Richtung Brandenburger Umland zu expandieren. Die Leser blieben jedoch aus, so dass man 1991 zum Traditionstitel Spandauer Volksblatt zurückkehrte. Im März 1992 musste das Volksblatt auf wöchentliche Erscheinungsweise umstellen, im Juni 1994 wurde das Blatt endgültig eingestellt.

Der Tagesspiegel konnte Ende 1990 zunächst ein neues Führungs-Duo gewinnen: Hermann Rudolph von der Süddeutschen Zeitung (SZ) sowie Ulrich Schulze von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) (Meyn 1990: 37f.). Daneben wurden einige schon vor der Wende geplanten grundlegenden Veränderungen vorgenommen: Die Redaktion wurde von 60 auf 120 Mitarbeiter aufgestockt, als neues Standbein im Osten wurden die Potsdamer Neuesten Nachrichten erworben, und die Berichterstattung aus dem Umland wurde intensiviert. Des weiteren investierte der Verlag in eine neue Rotation, die am 1. April 1991 in Betrieb ging. Außerdem erschien das Blatt fortan in einem größerem Format.

Die tageszeitung (taz) hatte als erste Berliner Tageszeitung eine Ost-Ausgabe gegründet, deren Redaktionssitz sich im ehemaligen ZK-Gebäude der SED befand. Die Erstausgabe erschien bereits am 26. Februar 1990. Trotz guter Auflagenzahlen wurde die Ost-taz noch vor der Währungsreform wieder eingestellt.[4] Die taz konnte ihre Gesamtauflage durch den Ost-Ableger 1990 zunächst auf knapp 100.000 Exemplare steigern, nach dessen Einstellung sackte die Auflage jedoch wieder in den Keller. Im Herbst 1991 kam es zu einer der häufigen Krisen der taz, ausgelöst unter anderem durch den Abbau der Berlin-Förderung, die der Zeitung ihre bisherige finanzielle Existenz ermöglicht hatte. Der Streit um die unausweichliche Reorganisation bzw. den Verkauf des Blattes führte zum Weggang von Chefredakteurin Georgia Tornow. In der Folge wurde die Gründung einer Verlagsgenossenschaft beschlossen (Held/Simeon 1994: 59 f.), die dem Blatt zusätzliches Kapital bringen sollte.

II.3 Kampf mit allen Mitteln: Die 90-er Jahre

Spätestens nach den Treuhandverkäufen der ehemaligen SED-Bezirkszeitungen im Jahre 1991 zeigte sich, dass die euphorischen Erwartungen der West-Berliner Verlage, Ost-Berlin und das Brandenburger Umland würden ihnen quasi „automatisch als vergrößertes Verbreitungsgebiet“ in die Hände fallen, jeder Grundlage entbehrten (Held/Simeon 1994: 87). Die aus West-Berlin stammenden Blätter wurden nach wie vor fast ausschließlich im Westen gelesen, und die Ost-Berliner Presse bekam umgekehrt im Westen keinen Fuß auf den Boden. Große Anstrengungen zur Überwindung der Marktteilung unternahmen vor allem Berliner Morgenpost und Berliner Zeitung; dies jedoch weitgehend erfolglos. In Ost-Berlin führte die Berliner Zeitung 1993 die Reichweiten-Rangreihe mit einem Marktanteil von 46,4% an. Es folgten Berliner Kurier (20,4%) und B.Z. (10,2%). Die Berliner Morgenpost lag mit einem Marktanteil von 7,3% bereits weit abgeschlagen, der Tagesspiegel kam sogar nur auf 1,5%. Die Situation in West-Berlin war diametral entgegengesetzt: Hier führte die B.Z. mit 30,3% vor der Berliner Morgenpost (25,1%) und dem Tagesspiegel (20,2%). Die Berliner Zeitung kam hier auf einen Marktanteil von lediglich 2,7%. Die Gesamtauflage aller Berliner Tageszeitungen lag seit zwei Jahren stabil bei rund 1,4 Mio. verkauften Exemplaren täglich (Held/Simeon 1994: 104).[5]

Erschienen zur Zeit der Vereinigung um die 15 Titel in Berlin, waren es seit Juli 1994 gerade noch zehn: Im Westen zwei Abonnementzeitungen mit regionaler Verbreitung (Berliner Morgenpost, Tagesspiegel), zwei mit überregionaler Verbreitung (taz und Welt) sowie zwei Kaufzeitungen (B.Z. und Bild); im Osten eine Abo-Zeitung mit regionaler Verbreitung (Berliner Zeitung), zwei mit überregionaler Verbreitung (Neues Deutschland und Junge Welt) und eine Kauf-Zeitung (Berliner Kurier).[6] Berlin konnte damit quantitativ immer noch mit den Angeboten anderer europäischer Hauptstädte mithalten und war „die Stadt mit der größten Pressevielfalt in Deutschland“ (Held/Simeon 1994: 77 ff.). Woran es jedoch nach wie vor mangelte, waren so meinungsführende Organe wie El País, Le Monde oder The Times. Einzig die taz hätte man mit viel gutem Willen in die Nähe dieser Liga rücken können. Doch die Zeitung hatte mit ihrer niedrigen Auflage und mangelnder regionaler Verankerung zu kämpfen. Die seit Pfingsten 1993 in Berlin herausgegebene Welt verfügte in der Stadt ebenfalls über keine solide Basis. Zudem spielte das Blatt in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle.

II.3.a Berliner Zeitung

Die Absicht von Berliner Zeitung-Herausgeber Erich Böhme, eine „deutsche Washington Post“ für den künftigen Regierungssitz zu etablieren, wich schon bald „dem bescheidenen Ziel, langfristig eine ‚gewisse Ausstrahlung‘ zu erreichen“ (Held/Simeon 1994: 56). Immerhin hatte die Berliner Zeitung im Westteil der Stadt bereits 1991 eine Auflage von bis zu 35.000 Stück. Die 170-köpfige Redaktion bestand Anfang 1992 schon zu einem Drittel aus Westdeutschen.[7] Die Zeitung leistete sich zudem – „wie kaum ein anderes Berliner Blatt“ – sieben namhafte Reporter, eine gute Wirtschaftsredaktion sowie ein „schnelles“ Team in Bonn (Bolle 1992: 46). Auf dem Berliner Pressemarkt setzte die Berliner Zeitung vor allem dem Tagesspiegel zu, aber auch der taz. Die Finanzen der Zeitung lagen im schwarzen Bereich.

Der Verlag Gruner+Jahr, der den Berliner Verlag nach dem Tod von Robert Maxwell komplett übernommen hatte, verfolgte über die Jahre hartnäckig das Ziel, die Berliner Zeitung zur meinungsbildenden „Hauptstadtzeitung“ zu machen. Im Jahre 1995 warb das Blatt verstärkt mit aufwändigen Marketing-Aktionen um Leser (Neidhart 1995b: 15). Anfang 1996 wurde der von der österreichischen Presse kommende Michael Maier zum Chefredakteur berufen. Neuer Herausgeber wurde Dieter Schröder, zuvor Chefredakteur der SZ. Maier stellte noch vor Amtsantritt klar, er wolle „die Hauptstadt-Zeitung machen, ein offenes, liberales Blatt“ (Freihofner 1995: 4 f.). Um dieses Ziel zu verwirklichen, investierte der Mutterverlag Gruner+Jahr insgesamt 35 Mio. DM in das Blatt. Chefredakteur Maier hatte nun freie Hand für einige spektakuläre Personaleinkäufe. Insgesamt 55 neue Autoren konnte er für die Zeitung gewinnen, unter anderem Gustav Seibt und Jens Jessen vom Feuilleton der FAZ (Goddar 1998: 53).

Im September 1997 wartete die Zeitung schließlich mit einem in der Medienwelt hoch gelobten Relaunch auf. Ein halbes Jahr später eröffnete die Berliner Zeitung eine „gezielte Offensive auf den Westmarkt“ – mit einer Senkung der Preise für Immobilienanzeigen aus den Westbezirken (Schultheis 1998b: 36). Immerhin jedes fünfte Exemplar konnte die Berliner Zeitung jetzt schon im Westteil der Stadt absetzen. Die Gesamtauflage der Zeitung war über die Jahre zwar von 263.768 (I. Quartal 1993) auf 216.595 Exemplare (I/1997) gesunken,[8] konnte durch den Zeitungs-Relaunch jedoch vorerst stabilisiert werden. Die steten Verluste im Osten wurden nun durch die Zugewinne im Westen weitgehend wieder ausgeglichen (Schultheis 1998b: 37).

II.3.b Tagesspiegel

Die Auflage des Tagesspiegel war nach der Maueröffnung zunächst angestiegen, in den folgenden Jahren jedoch wieder abgesunken. 1992 lag die verkaufte Auflage bereits um mehr als 3.000 Exemplare unter der Auflage von 1989 (Held/Simeon 1994: 47). Wegen seines defizitären Haushalts – allein im Jahr 1992 soll der Tagesspiegel ein Minus von 23 Mio. DM eingefahren haben – wurden Anfang des Jahres 1992 mit verschiedenen Zeitungsverlagen Beteiligungsverhandlungen geführt (Martini 1992: 50 f.). Am 27. August 1992 veröffentlichte der Verlag den Abschluss mit der Holtzbrinck-Gruppe, die 51% der Gesellschaftsanteile übernehmen sollte (Held/Simeon 1994: 47). Die neue Leitung des Blattes betonte, der Tagesspiegel solle „als die meinungsbildende Zeitung der Hauptstadt eine herausragende Stellung“ einnehmen (zit. nach Held/Simeon 1994: 48). Dabei hoffte man mit Blick auf den Umzug der Bundesregierung an die Spree und die damit verbundene Sogwirkung auch auf den Zuzug einer bildungsbürgerlichen Klientel (Meyn 1992: 52).

Redaktion und Verlag erlebten nun zum zweiten mal nach der Wende Umstrukturierungen und Neubesetzungen. Der Mehrheitsgesellschafter Dieter von Holtzbrinck wurde ab 1. September 1994 persönlicher Herausgeber, der bisherige Chefredakteur Hermann Rudolph wurde geschäftsführender Herausgeber und Redaktionsdirektor. Gerd Appenzeller vom Konstanzer Südkurier wurde sein Nachfolger als Chefredakteur; Monika Zimmermann, ehemals bei der Neuen Zeit, trat der Chefredaktion ebenfalls bei. Walther Stützle blieb Mitglied der Chefredaktion. Zum 2. September 1994 erfolgte erneut ein optischer Relaunch des Blattes. Herausgeber Dieter von Holtzbrinck bekundete, er wolle des Tagesspiegel als „meinungsbildende, niveauvolle Zeitung“ etablieren, die „den Vergleich mit Blättern wie der FAZ nicht zu scheuen“ brauche (zit. nach Neidhart 1995a: 38).

Der Kurs der Zeitung blieb in der folgenden Zeit jedoch eher unentschlossen. Zunächst setzte man verstärkt auf Lokalberichterstattung. Das bei den Lesern geschätzte Feuilleton war hingegen lange Zeit ohne Führung und lag brach (Meier 1996: 38 f.). 1997 konnte schließlich der ehemalige Spiegel-Redakteur Hellmuth Karasek als Co-Herausgeber gewonnen werden, der dem Feuilleton zu neuer Ausstrahlung verhelfen sollte (Goddar 1998: 54). Immerhin gelang es dem Tagesspiegel, seine verkaufte Auflage von 127.265 (I. Quartal 1993) auf 133.060 (I/1997) bzw. 133.515 Exemplare (I/1999) zu steigern.[9] Die Ost-Verkäufe waren nach wie vor schwach: Anfang 1998 setzte der Tagesspiegel in Ost-Berlin nicht mehr als 16.000 Exemplare ab (Goddar 1998: 53).

II.3.c Berliner Morgenpost

Die Berliner Morgenpost trat 1991 mit vielfältigen Marketingmaßnahmen gegen die Berliner Zeitung in Ost-Berlin an. 1992 setzte das Blatt bereits rund ein Viertel der Gesamtauflage außerhalb des Westteils der Stadt ab. Erkauft wurde dieser Erfolg mit dem kostspieligen Ausbau der lokalen Berichterstattung aus den Ostbezirken und dem Berliner Umland. In West-Berlin konnte das Blatt seine Rolle als führende Abo-Zeitung zwar behaupten. Außerhalb des Stammgebiets blieben die Geschäfte jedoch Verlust bringend. Nachdem einige Umland-Ausgaben (z.B. Potsdam) eingestellt werden mussten, sank die Auflage außerhalb der westlichen Stadtbezirke wieder ab (Held/Simeon 1994: 38). Die lokale Berichterstattung blieb jedoch eine Stärke, mit der die Morgenpost auch weiterhin um Leser warb. In der überregional bedeutsamen „Hauptstadtliga“ wollte man offenbar nicht mitspielen.

Im Gegensatz zur Konkurrenz wurden bei der Morgenpost auch keine spektakulären Personaleinkäufe getätigt. Der Zeitungskampf wurde nach Jahren der mehr oder minder friedlichen Koexistenz erst im Mai 1998 wieder angeheizt, als die Berliner Zeitung ihre Immobilienanzeigen-Preise für die Westberliner Kundschaft auf symbolische zwei Mark senkte. Die Berliner Morgenpost blies prompt zum Gegenangriff und senkte ihre Immobilienanzeigen-Preise ebenfalls drastisch – sofern die Gebote im Ostteil aufgegeben wurden. Zudem wurde der Verkaufspreis der Zeitung auf 90 Pfennig gesenkt. Damit kostete die Morgenpost am Kiosk weniger als jede andere Berliner Abo-Zeitung (Tander 1998: 3). Trotz dieser Verkaufsoffensive verlor die Berliner Morgenpost über die Jahre stetig an Auflage. Im I. Quartal 1993 wurden täglich 201.401 Exemplare verkauft, im I. Quartal 1997 waren es nur noch 184.098, zwei Jahre später 179.331 Exemplare.[10]

II.3.d taz

Bei der links-alternativen tageszeitung (taz) übernahm Anfang 1992 Michael Sontheimer den Chefredakteursposten. Trotz einer Werbekampagne, mit der die taz ihre Leser verstärkt zum Abonnement bewegen wollte, geriet die chronisch unterfinanzierte Zeitung im Herbst 1993 in eine Krise. Erneut sollte eine Werbekampagne Abhilfe schaffen. Nach einem redaktionsinternen Streit um die inhaltliche Ausrichtung der taz kam es pünktlich zum 15-jährigen Bestehen zum Eklat, als die Redaktion ihren Chefredakteur feuerte (Held/Simeon 1994: 61). Neuer Chefredakteur wurde Arno Widmann.

Weitere Personalwechsel folgten dicht an dicht. Nachdem Widmanns Nachfolger Thomas Schmid im April 1996 vom Vorstand der Zeitung „seines Amtes enthoben“ worden war, kündigten auch dessen Stellvertreter Arno Luik und Norbert Thomma. Luik hatte die taz „boulevardisieren“, d.h. vor allem lesefreundlicher und verdaulicher machen wollen, und war mit diesem Vorhaben auf starke Vorbehalte in der Redaktion gestoßen (Schwinn 1996a: 26 f.). Für das abgedankte Führungstrio übernahmen Michael Rediske und Klaudia Brunst zunächst kommissarisch die Chefredaktion. Rediske sprach bei seinem Amtsantritt von der Vision einer taz, „die unabhängig von Großinvestoren und -verlagen durchkommt bis zum Jahr 2000, um danach als überregionales Blatt aus der Hauptstadt die Auflage über die magische Grenze der 100.000 zu steigern“ (zit. nach Schwinn 1996a: 27).

Doch vorerst musste wieder einmal eine Rettungsaktion zum Erfolg geführt werden, die der taz überlebensnotwendige 5.000 Neu-Abos bringen sollte (Schwinn 1996b: 24). Erst im darauffolgenden Jahr machte man sich an inhaltliche Reformen. Täglich sollten nun mehr aktuelle Nachrichten im Blatt erscheinen. Längere Texte und Reportagen wurden zum größten Teil in ein neu geschaffenes Wochenendmagazin verlagert. Am 1. Juni 1998 wurde der vorerst letzte Personalwechsel vollzogen. Seitdem führt die ehemalige Reporterin Bascha Mika die taz. Trotz ihrer häufigen Werbekampagnen hatte das Blatt in den 90-er Jahren Verluste zu verbuchen. Die verkaufte Auflage sank kontinuierlich von 62.164 (I. Quartal 1993) auf 58.840 Exemplare (I/1999). In Berlin wurden 14.236 (I/1993) bzw. 12.802 Exemplare (I/1999) verkauft.[11]

II.3.e Sonstige Tageszeitungen

Einen bedeutenden Einschnitt erlebte die Berliner Presselandschaft zu Pfingsten 1993, als der Axel-Springer-Verlag die Redaktion seines publizistischen Flaggschiffs Die Welt nach Berlin verlagerte und dem Blatt einen Berliner Lokalteil beilegte (Held/Simeon 1994: 37). Die Auflage der konservativ-liberalen Zeitung sank jedoch von 222.578 (I/1993) auf 216.819, in Berlin auf 25.557 Exemplare (I/1997).[12] Seit einem umfassenden Relaunch im Sommer 1998 widmet die Welt dem Geschehen der Hauptstadt ihre komplette Seite Zwei. Der achtseitige Berliner Lokalteil umfasst nunmehr vermehrt die Bereiche Service, Kultur und Politik (Milz/Oswald 1999c: 46). Der Auflage kamen die Reformen offenbar zugute: Im I. Quartal 2000 verkaufte sich die bundesweite Ausgabe der Welt 242.592 mal, die Berliner Ausgabe lag bei 31.718 Stück.

Die Auflage der B.Z. fiel während der 90-er Jahre stetig. 1993 betrug die Zahl der verkauften Exemplare 338.891 (I/1993), im I. Quartal 1998 waren es nur noch 298.520.[13] Im Juli 1998 wurde Franz Josef Wagner, zuvor Chefredakteur bei der Illustrierten Bunte, an die Spitze der B.Z. geholt. Ihm traute der Verlag offenbar zu, „die bröckelnde Auflage des eher provinziell anmutenden Boulevardblatts wieder nach oben“ zu bringen (Busche 1998: 24). Wagners Rezept waren deftige Schlagzeilen und reißerische Geschichten. Der Auflage kam diese Strategie nicht zugute: Die Auflage der B.Z. liegt mittlerweile bei nur noch 266.553 Exemplaren (I/2000). Der Berliner Kurier konnte seine Auflage hingegen kontinuierlich von 160.322 (I/1993) auf 188.233 (I/1999) steigern, fiel im Laufe des Jahres 1999 jedoch wieder auf 177.035 Exemplare (I/2000). Bild-Berlin/Brandenburg liegt bereits seit Jahren auf dem 3. Platz der Kaufzeitungen. Im I. Quartal 2000 verkaufte sich das Blatt 141.360 mal.[14]

Einen ernst zu nehmenden Versuch, der Bild-Zeitung in den neuen Ländern Konkurrenz zu machen, unternahm im Mai 1991 der Burda-Verlag. Nach fast einjähriger Vorlaufphase hob der Verlag gemeinsam mit dem britisch-australischen Verleger Murdoch in Berlin die Super!-Zeitung aus der Taufe. Das Blatt erreichte nach Verlagsangaben in den neuen Ländern und Ostberlin bis Anfang 1992 eine Auflage von bis zu 600.000 Exemplaren.[15] Dennoch blieb die Kauf-Zeitung fast anzeigenfrei. Die langfristig zu erwartenden Verluste führten schließlich zum Ende der Super!-Zeitung. Nachdem Murdoch die Kooperation aufkündigte, wurde das Blatt mit der Ausgabe vom 24. Juli 1992 eingestellt (Held/Simeon 1994: 64 ff.).

Die Junge Welt befand sich Anfang der 90-er Jahre in wechselhaftem Besitz (Goddar 1997: 34).[16] Die Auflage des Blattes sackte bis 1993 auf 50.000 Exemplare ab. Im Mai 1994 wurde die Zeitung einem Relaunch unterzogen. Chefredakteur Oliver Tolmein wie auch sein Nachfolger Klaus Behnken wollten neue Leser vor allem in den Reihen der westdeutschen Linken dazugewinnen (Goddar 1997: 33 f.). Die Auflage fiel jedoch weiter. Nachdem der Konkurs der Jungen Welt im April 1995 nur knapp abgewehrt werden konnte, kam es im Frühjahr 1997 zum Streit in der Redaktion. Ein Großteil der Redakteure verließ daraufhin das Blatt (Goddar 1997: 34).[17] Mit ihren geringen Anzeigeneinnahmen ist die Junge Welt von wirtschaftlicher Rentabilität nach wie vor weit entfernt; ihr mittelfristiges Überleben ist mehr als fragwürdig. Anfang des Jahres 2000 verkaufte das Blatt nach Verlagsangaben gerade noch 20.500 Exemplare.

Die Auflage des Neuen Deutschland (ND) sank über die Jahre kontinuierlich auf bundesweit 62.916, in Berlin 23.684 Exemplare (I/2000).[18] Das Blatt befindet sich seit Jahren in der Verlustzone. Zwar kann sich das ND rühmen, die meistgelesene überregionale Tageszeitung in Ostdeutschland zu sein. Doch die Zeitung ist nach wie vor im Besitz der PDS, und 90% der ND-Leser sind Mitglieder der PDS (Goddar 1999: 48). Das ND steht als inoffizielle Parteizeitung in keiner ebenbürtigen Konkurrenz zu den anderen Berliner Tageszeitungen. In Westdeutschland ist die Verbreitung des Blatts kaum messbar. Seit Frühjahr 1999 ist der ehemalige PDS-Fraktionssprecher Jürgen Reents Chefredakteur der Zeitung. Seinen Aussagen zufolge hat das ND nur als „pluralistische, aber PDS-nahe Tageszeitung“ eine Überlebenschance (Goddar 1999: 49). Wie dieser Spagat gelingen soll, bleibt unklar.

II.4 Zeit der Entscheidung?

Der Regierungsumzug im Herbst 1999 eröffnete der Hauptstadtpresse die einmalige Chance, im Kampf um die Meinungsführerschaft ein weites Stück nach vorne zu stoßen. Mit einem mal saß man mitten im Zentrum des politischen Geschehens. Zur Berlin-Kompetenz könnte sich bald schon bundespolitische Bedeutung gesellen – doch noch war die Schlacht nicht geschlagen. Nun galt es, mit aller Kraft um neue Leser unter den Zugezogenen zu werben. Und ob die Berliner Presse den meinungsbildenden überregionalen Tageszeitungen in der Politik- bzw. Kulturberichterstattung ernsthaft zur Konkurrenz werden könnte, musste sich erst noch herausstellen.

In einer guten Startposition befand sich die Berliner Zeitung. Bereits die Blattreform im Jahr 1997 hatte der Zeitung „binnen kurzer Zeit ein bundesweit hohes Renommee“ beschafft (Oswald 1999a: 25). Das Jahr 1999 begann jedoch mit heftigen Turbulenzen. Mit Michael Maier, Franz Sommerfeld und Ulf C. Goettges verließ die komplette Chefredaktion das Blatt. Als Nachfolger wurde der Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeiger und ehemalige SZ-Mitarbeiter Martin E. Süskind berufen. Süskind betonte, die Berliner Zeitung müsse ein Blatt sein, das „in der Region ruht, wo das Geld verdient wird, aber dessen Ausstrahlung als Hauptstadtzeitung weit über Berlin hinausgeht“ (zit. nach Milz/Oswald 1999a). Im Jahr 1999 verlor das Blatt jedoch wieder an Auflage. Nach einem Minus von 5.387 gegenüber dem Vorjahr lag die Zahl der verkauften Exemplare im I. Quartal 2000 nur noch bei 203.753.[19] Als Pluspunkt wertete der Verlag jedoch die rund 40.000 verkauften Exemplare im Westteil der Stadt. Damit habe man es „als einziges der Abonnementblätter geschafft, die gläserne Mauer der Lesegewohnheiten zu durchbrechen“, so Verlagsleiter Torsten-Jörn Klein (zit. nach Oswald 1999a: 25).

Die Berliner Zeitung lieferte sich im Februar 1999 mit der Berliner Morgenpost abermals einen Preiskrieg: Diesmal auf dem Feld der Autoanzeigen, deren Veröffentlichung nun in beiden Blättern kostenlos war (Busche 1999: 28). Daneben buhlten beide Zeitungen, wie auch der Tagesspiegel, mit teuren Marketingaktionen um die zugezogenen Bonner Beamten (Firley 1999: 27). Die Morgenpost erschien zudem ab Oktober in neuem Layout. Im Vergleich zu den Reformen der Konkurrenz änderte sich jedoch wenig am bisherigen Erscheinungsbild. Der Auflagenschwund der Zeitung setzte sich fort: Die Berliner Morgenpost verlor nochmals 5.147 Exemplare und hatte im I. Quartal 2000 eine Auflage von 174.184. Mit Herbert Wessels wurde im November 1999 ein neuer Chefredakteur an die Spitze des Blattes berufen.

Der Tagesspiegel konnte sich zum Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr um 2.120 auf 135.635 Exemplare (I/2000) leicht verbessern und damit seine Auflage als einzige Berliner Abonnementzeitung stabilisieren. Am 1. Januar 1999 übernahm der von der SZ abgeworbene Giovanni di Lorenzo das Amt des Chefredakteurs. Das Feuilleton wurde mit weiteren Redakteuren verstärkt. Verleger Dieter von Holtzbrinck erklärte, man habe das „einfache Ziel […], eines nicht allzu fernen Tages die beste deutschsprachige Zeitung“ zu machen. In zehn bis zwanzig Jahren könne man dies schaffen (Oswald 1999a: 25). Am 23. Mai erschien der Tagesspiegel in neuer, „gelifteter“ Form mit der Zierfarbe rot. Giovanni die Lorenzo sah den Austragungsort der „Schlacht“ der Hauptstadtzeitungen vor allem in den Ressorts Lokales und Politik. Das erste sei für die Auflage entscheidend, das andere für das Image. „Profilsohlen künftiger Hauptstadtkompetenz“ seien außerdem das Feuilleton und die Meinungsseite. Eine ernsthafte Bedrohung sah di Lorenzo dem Tagesspiegel mit den neuen Berlin-Seiten von FAZ und SZ erwachsen (Milz/Oswald 1999b: 26).

In der Tat stockten SZ und FAZ ihre Berliner Redaktionen erheblich auf. Die Süddeutsche kaufte für ihre seit April 1999 täglich publizierte Berlin-Seite 15 neue Redakteure hinzu. Die FAZ, die seit 1. September 1999 täglich vier bis acht Lokalseiten produzierte, installierte gar eine rund 30-köpfige Redaktion (Busche 1999: 28). Der neue Berliner „Lokalteil“ der FAZ war freilich mit herkömmlichen Lokalressorts kaum zu vergleichen.[20] Mit dem innovativen Konzept wollte der Verlag zuerst einmal den eigenen Leserstamm bedienen. Wie Ressortleiter Florian Illies beschwichtigte, sei die FAZ „kein Kriegsteilnehmer im so genannten Berliner Zeitungskrieg“ (zit. nach Milz/Oswald 1999c: 46). Die Welt hingegen wucherte gegenüber den Mitbewerbern mit dem Pfund, in Berlin ein lokales Standbein zu haben. Chefredakteur Mathias Döpfner sah hierin einen „entscheidenden Vorteil gegenüber den Mitbewerbern“. Döpfner kündigte an, seine Zeitung zur „modernsten Qualitätszeitung der Berliner Republik“ zu machen (Milz/Oswald 1999c: 48).

Von der Entwicklung abgehängt schien zunächst die taz. Im Juli 1999 wurden Chefredakteurin Bascha Mika mit Peter Unfried und Thomas Eyerich zwei Stellvertreter zur Seite gestellt. Auch bei der taz hatte man sich durch den Regierungsumzug eine gehörige Portion Rückenwind erhofft, doch die Auflage dümpelte im I. Quartal 2000 weiterhin bei 58.947 verkauften Exemplaren bundesweit bzw. 12.956 in Berlin. Und das trotz einer abermaligen Werbeaktion, die im Herbst 1999 für großes Aufsehen sorgte.[21] Im Februar 2000 wurde das das Blatt einem Relaunch unterzogen. Neben einem neuen Layout setzte man fortan auf eine stärkere Gewichtung in den Bereichen Analyse, Hintergrundbericht und Meinung (Milz/Oswald 1999c: 49). Mit dieser „Rückbesinnung auf die eigenen Stärken“ nahm das Blatt freilich wieder Abstand von seinem ursprünglichen Ziel, eine vollwertige Alternative zu den anderen überregionalen Tageszeitungen zu bilden. Offenbar hat sich die taz mittlerweile mit ihrem Nischendasein als Zweitzeitung abgefunden.

Zu Beginn des Jahres 2000 verzieht sich also bereits der erste Rauch. Einige der Kontrahenten haben sich von der Hauptgruppe entfernt: Die taz hat beim Kampf der Giganten offenbar auch mittelfristig keine Chance, und die Morgenpost scheint sich auf ihre Position als Lokalmathador im Westteil der Stadt zurückzuziehen. Den nach Berlin schielenden überregionalen Blättern fehlt diese lokale Verankerung zunächst noch, und auch die Welt, die ihre Lager bereits vor Jahren in der Hauptstadt aufschlug, kann trotz beachtlicher Auflagenzuwächse bislang nur einen eher unbedeutenden und wenig gelesenen Lokalteil vorzuweisen.

Die „eigentliche Auseinandersetzung um den Titel Hauptstadtzeitung“ wird offenbar zwischen dem Tagesspiegel und der Berliner Zeitung ausgetragen (Oswald 1999a: 25). Beide Blätter wirken mittlerweile bundespolitisch meinungsbildend, obgleich sie von der Strahlkraft ihrer überregionalen Konkurrenten noch weit entfernt sind. Und beide operieren auf einer recht stabilen lokalen Basis. Die Berliner Zeitung macht dabei schon beachtliche Zugewinne auf dem angestammten Territorium des Tagesspiegel im Westteil der Stadt, Gewinner nach Gesamtauflage ist dagegen bisher der Tagesspiegel. Ob sich eines der beiden Blätter gegen das andere durchsetzen wird, ist noch lange nicht entschieden. Der Zweikampf wird die Fachwelt also wohl noch ein Weilchen in Atem halten.

III. Die Berichterstattung über den Kampf der ‚Hauptstadtzeitungen‘

III.1 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

Nachfolgend soll aufgezeigt werden, in welcher Form die Hauptkontrahenten des Berliner Zeitungskampfes über eben dieses medienpolitische Ereignis im eigenen Blatt Bericht erstatten. Medienjournalisten haben seit eh und je eine heikle Aufgabe zu erfüllen: Sie berichten, sofern sie die Printmedien thematisieren, über die unmittelbaren Konkurrenten der eigenen Zeitung. Die Leitlinien von Ausgewogenheit und Objektivität, welche die meisten Journalisten bei ihrer Arbeit zu beachten vorgeben, befinden sich hier stets in Gefahr, beiseite geschoben zu werden.[22] Bei der Berichterstattung über den Berliner Konkurrenzkampf, der langfristig auch für das Überleben des eigenen Blattes von entscheidender Bedeutung ist, dürfte diese latente Versuchung, die journalistischen Regeln über Bord zu werfen, sogar noch größer sein.

Ob sich diese Vermutung bestätigen lässt, soll in den folgenden Kapiteln anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse nachgewiesen werden. Untersucht wurden die entsprechenden Medienressorts von Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost und taz. Als Untersuchungszeitraum wurde das Jahr 1999 (1.1. bis 31.12.) gewählt, da während dieser Zeit der Umzug der Bundesregierung nach Berlin durchgeführt wurde und damit einhergehend ein vorläufiger Höhepunkt im Kampf der Berliner Presse zu beobachten war.

Die überregionalen Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau und Welt wurden bei der Untersuchung aus Kapazitätsgründen außen vor gelassen. Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost und taz boten sich zur Analyse hingegen in besonderer Weise an: Die Zeitungen werden von drei der mächtigsten deutschen Printkonzerne (Gruner+Jahr, Holtzbrinck, Springer) sowie von einer unabhängigen Genossenschaft (taz Verlags- und Vertriebsgesellschaft) herausgegeben, der Hauptsitz aller vier Objekte liegt in Berlin, und jedes der Blätter besitzt einen Berliner Lokalteil.[23]

III.2 Untersuchungsmethode

Um das für die Inhaltsanalyse in Frage kommende Material zu selektieren, wurde in den elektronischen Archiven der entsprechenden Zeitungen zunächst eine umfassende Recherche durchgeführt.[24] Die Suche wurde auf die Medienressorts der einzelnen Zeitungen beschränkt (Berliner Zeitung: „Medien“, Tagesspiegel: „Medien“, Berliner Morgenpost: „TV & Medien“, taz: „Flimmern und Rauschen“). Als Stichwörter wurden die Namen der jeweils konkurrierenden Blätter eingegeben.[25] Aufgrund dieser Methode war das Fangnetz recht engmaschig geknüpft und ein „Übersehen“ von thematisch in die Untersuchung passenden Beiträgen konnte so gut wie ausgeschlossen werden.

Aus der so erzielten Auswahl wurden nun anhand einer groben Inhaltsanalyse diejenigen Beiträge ausgewählt, in denen explizit eine der untersuchten Konkurrenzzeitungen oder der Kampf auf dem Berliner Zeitungsmarkt thematisiert wurde. Nicht untersucht wurden hingegen Beiträge, in denen ausschließlich das eigene Blatt thematisiert wurde. Ebenfalls nicht einbezogen wurden Beiträge, in denen eines der anderen in Berlin um Marktanteile kämpfenden Blätter thematisiert wurde sowie Meldungen, die sich ausschließlich auf Personalia bezogen. Letzen Endes konnten auf diese Weise insgesamt 29 Beiträge ermittelt werden, welche die zuvor aufgestellten Kriterien erfüllen. Die Auswahl erscheint zunächst recht klein, lässt aber dennoch einige interessante Aufschlüsse zu, wie im folgenden gezeigt werden soll.

III.3 Untersuchungsergebnisse

III.3.a Berliner Zeitung

In der Berliner Zeitung erschienen im Untersuchungszeitraum fünf Beiträge zum Thema. Der Artikel „Münchener Journalisten erklären Berlin“ (Schuler 1999a) widmet sich in erster Linie den überregionalen Tageszeitungen SZ und FAZ und ihren Expansionsplänen nach Berlin. Demnach seien die beiden Blätter jedoch in erster Linie daran interessiert, „in der Berliner Republik keine der jetzigen Leser an die Berliner Tageszeitungen zu verlieren,“ dies sei „wichtiger als der Titel ‚führende Hauptstadtzeitung‘.“ Der eigentliche Kampf um die Berliner Leser, so der Ansatz des Artikels, werde hingegen unter den Berliner „Platzhirschen“ ausgetragen. Auf den Kampf der in der Hauptstadt ansässigen Blätter wird jedoch nicht weiter eingegangen.

Dem Relaunch des Tagesspiegel widmet die Berliner Zeitung einen mittellangen, neutral gehaltenen Bericht (vgl. Schuler 1999b). Auch die Meldung zum Personalwechsel in der Chefredaktion der taz (vgl. Berliner Zeitung, 13.7. 1999) ist neutral gehalten, jedoch wird hier explizit auf den „Auflagenschwund“ und die „finanziellen Probleme“ hingewiesen, mit denen „die taz zu kämpfen“ habe. Extrem tendenziös fällt ein Beitrag über die Auflagenstatistik des Berliner Pressemarktes aus (vgl. Berliner Zeitung, 17.7.1999). Berichtet wird über die Auflagenentwicklung vom I. zum II. Quartal 1999, die für die Berliner Zeitung positiv ausfalle, für den Tagesspiegel hingegen negativ. Dass, verglichen mit dem II. Quartal des Vorjahres, die Gewinn- bzw. Verlustkurve genau entgegengesetzt verlaufen würde, wird – absichtlich? – nicht erwähnt. Der Beitrag gipfelt in einem Zitat des Verlagsgeschäftführers Andreas Albath, der eine „erfreuliche Entwicklung“ der Berliner Zeitung „bei zum Teil dramatischen Auflageverlusten anderer Berliner Tageszeitungen“ feststellt.

Eine ähnliche Tendenz weist der Beitrag über die Auflagenentwicklung im III. Quartal auf (vgl. Berliner Zeitung, 15.10.1999). Diesmal wird sämtlichen Berliner Abo-Zeitungen eine sinkende Auflage bescheinigt. Eingestanden wird auch der Rückgang des eigenen Blattes im Jahresvergleich. Die gleichzeitigen Gewinne des Tagesspiegel werden hingegen nicht explizit erwähnt.

III.3.b Tagesspiegel

Der Tagesspiegel berichtete im Jahr 1999 in sieben Beiträgen über den Kampf der Berliner Abo-Presse. Der erste Artikel befasst sich ausführlich mit der Strategie des Springer-Verlags auf dem in- und ausländischen Zeitungsmarkt (vgl. Der Tagesspiegel, 1.7.1999). In ausgewogener Weise wird hier über das Ziel des Verlags berichtet, die Morgenpost solle „zur führenden Zeitung für die gesamte Region gemacht werden.“

Ganz und gar nicht neutral ist hingegen eine Glosse verfasst, die sich der taz widmet (vgl. Der Tagesspiegel, 11.8.1999). Die taz, die zuvor ironisch auf einigen im Tagesspiegel aufgetauchten Druckfehlern herumgeritten war, wird hier auf einen Druckfehler in ihrem eigenen Impressum hingewiesen. Dem nicht involvierten Zeitungsleser muss die Glosse eher unverständlich erscheinen. Die Veröffentlichung scheint in erster Linie den verletzten Eitelkeiten der Redaktion des Blattes geschuldet zu sein.

Der Konkurrenzkampf der Berliner Zeitungen wird zum ersten mal im Zusammenhang mit einer Hörfunksendung des Deutschlandfunks zu eben diesem Thema behandelt (vgl. Der Tagesspiegel, 8.9.1999). Die Meldung geht über die Vorankündigung der Sendung jedoch nicht weit hinaus und ist neutral gehalten. Am 2. Oktober wird hingegen erneut die taz mit einem langen Bericht über deren Abo-Kampagne bedacht (vgl. Martenstein 1999). Der Beitrag fällt durchweg negativ aus: „Kaum ein Blatt“ empfinde die taz als Konkurrenz, die Zeitung beharre „halsstarrig auf ihrer Unabhängigkeit“ und befinde sich deshalb „in Schräglage“, so der Tenor. In die gleiche Kerbe schlägt der Tagesspiegel auch eine Woche später (vgl. Huber 1999): Mit ihrer Abokampagne geriere sich die Zeitung als „Spielzeug“. „A la longue“ werde die taz dem Zeitungsmarkt durch ein solches Gebaren „weitere Nichtleser“ bescheren.

Auch der Personalwechsel in der Chefetage der Morgenpost ist dem Tagesspiegel einen Beitrag wert (vgl. Bünger 1999). Die Sicht auf das Konkurrenzblatt fällt hier eher negativ aus: Das vor dem Mauerfall als „Platzhirsch“ bezeichnete Blatt habe stetig an Auflage verloren. Ob dies der Grund für die Ablösung von Chefredakteur Peter Philipps sei, bleibe jedoch im spekulativen Bereich: Der Verlag habe schließlich „keine Angaben gemacht.“ In einem anderen Tagesspiegel-Beitrag wird das Sponsoring des Sportteils der Morgenpost durch eine Brauerei zum Anlass genommen, diese neue Form der Werbung zu hinterfragen (vgl. Fischer 1999). Alle großen Berliner Zeitungsverlage werden zitiert, der Beitrag ist insgesamt ausgewogen.

III.3.c Berliner Morgenpost

Die Berliner Morgenpost behandelte das untersuchte Thema im Untersuchungszeitraum in neun Beiträgen. Darunter befinden sich lediglich zwei längere Berichte. Der Rest besteht aus kurzen bis mittellangen Meldungen, die bis auf eine Ausnahme recht neutral gehalten sind. Sämtliche Beiträge haben ausschließlich die taz zum Thema. Die ersten beiden Meldungen beziehen sich auf den Rücktritt von zwei der drei Chefredakteuren der taz (vgl. Berliner Morgenpost, 19.1.1999) sowie auf die Feiern zum 20. Geburtstag der Zeitung (vgl. Berliner Morgenpost, 17.4.1999), nehmen dabei jedoch – in ausgewogener Weise – auch den allgemeinen Zustand des Blattes unter die Lupe. Der nächste Fund folgt erst wieder im Oktober mit einem Beitrag über die Werbekampagne der taz (vgl. Engelhardt 1999). „Verzweifelt“ werbe die Zeitung um Abonnenten, heißt es hier. Obwohl auch die Schwächen der taz nicht zu kurz kommen, bleibt die Darstellung insgesamt ausgewogen. Auch in den folgenden Wochen ist die Werbekampagne der taz immer wieder Gegenstand der Morgenpost-Medienberichterstattung (vgl. Berliner Morgenpost, 10.10.1999; 23.10.1999; 24.10.1999; 4.11.1999; 12.11.1999), wobei sämtliche Beiträge in einer objektiv-ausgewogenen Form verfasst sind.

Grob verfälschend ist hingegen ein kurzer Bericht über die inhaltliche Auswertung der taz durch den Branchendienst „Medien-Tenor“ (vgl. Berliner Morgenpost, 5.11.1999). Die taz biete „nur einen Bruchteil der Informationen anderer Blätter“, heißt es hier, da die Zahl ihrer Beiträge in den Ressorts Politik und Wirtschaft geringer sei als bei „allen anderen Titeln“. Welche Länge die taz-Beiträge im Vergleich zu anderen Zeitungen haben, wird hingegen nicht erwähnt. Übertroffen wird diese durch und durch verdrehte Meldung nur noch durch die Überschrift „Medien-Tenor: taz inhaltsleer“.

III.3.d taz

Die taz widmete sich dem Berliner Abozeitungsmarkt im Jahr 1999 acht mal. Die vier im ersten Halbjahr abgedruckten Beiträgen thematisieren dabei explizit und umfassend der Kampf der Hauptstadtzeitungen. Die Beiträge sind sachlich, beurteilen die Verlagspolitik von Berliner Zeitung und Tagesspiegel jedoch durchaus kritisch. Da werden etwa die „Abermillionen“ erwähnt, welche die Verleger in den Berliner Markt „pumpen“, die sich jedoch nicht unmittelbar in den Auflagenzahlen widerspiegelten (vgl. Schweitzer 1999). Ein anderer Beitrag befasst sich insbesondere mit dem Zweikampf zwischen Berliner Zeitung und Tagesspiegel und weist auf das hohe Risiko hin, das die umfangreichen Relaunches der Konkurrenten in sich bergen würden: Die neue „Konstruktion der Fassade“ könne bei beiden Zeitungen schneller einstürzen, als ursprünglich gedacht (Meier 1999).

In der mittellangen Meldung „Lauter Hauptstadtzeitungen in Berlin“ (taz, die tageszeitung, 25.5.1999) wird die aktuelle Auflagenentwicklung von Berliner Zeitung, Tagesspiegel und Berliner Morgenpost thematisiert. Das eigene Organ wird hier mit keiner Silbe erwähnt, ebensowenig wie in einer Fernsehkritik über eine Sendung mit dem Thema „Hauptstadtzeitung“ (taz, die tageszeitung, 31.5.1999). In einem anderen Beitrag, der die Unterschiede auf dem Zeitungsmarkt in Ost- und West-Berlin thematisiert, wird gar keine Zeitung namentlich erwähnt (vgl. taz, die tageszeitung, 1.10.1999).

Der ausführliche Artikel „Fehler in der Politik“ nimmt auf ironische Weise das „tranige“ Image des Tagesspiegel aufs Korn (Meier 1999b).[26] Auf süffisante Art und Weise wird über einen im Tagesspiegel aufgetauchten Druckfehler berichtet (man habe eine Vielzahl neuer, nehmhafter Journalisten gewinnen können, hieß es fälschlicherweise im Tagesspiegel – namhaft wäre der kor-rekte Begriff gewesen), der Chefredakteur di Lorenzo gar dazu veranlasst habe, die Polizei nach dem Verursacher fahnden zu lassen. Mit angeblichen Insider-Zitaten wird sodann genüsslich auf die turbulente Situation in der Tagesspiegel-Redaktion hingewiesen. Danach herrsche vor allem unter den altgedienten Redakteure eine „weitverbreitete Antistimmung“ gegen den im Hause eingekehrten neuen Geist. Auch ein Bericht über die Werbekampagne des Tagesspiegel im Herbst ist in ironischer Art und Weise verfasst (vgl. Schmalz 1999). Recht unkritisch fällt dagegen ein Beitrag über den Relaunch der Morgenpost aus (vgl. taz, die tageszeitung, 16.10.1999), in dem ausschließlich die vom Springer-Verlag mitgeteilten Verlautbarungen wiedergegeben werden.

IV. Diskussion und Interpretation der Untersuchungsergebnisse

Die Untersuchungsergebnisse machen deutlich, dass offenbar jede der vier unter die Lupe genommenen Tageszeitungen der Berichterstattung über den Berliner Pressemarkt einen anderen Stellenwert beimisst: Die Bandbreite der Variationen ist beträchtlich. Abgesehen von der insgesamt recht geringen Anzahl an Beiträgen zum Thema stellt sich ernsthaft die Frage, ob die Ergebnisse überhaupt verallgemeinert werden können. Dennoch kann auf einige signifikante Untersuchungsergebnisse verwiesen werden.

Auffallend ist etwa die spärliche Berichterstattung von Berliner Zeitung und Tagesspiegel über die Berliner Morgenpost. Beide Blätter verlieren keinen einzigen Satz über den Relaunch der größten West-Berliner Abo-Zeitung. Der Tagesspiegel erwähnt auch die Berliner Zeitung eher am Rande. Diese ihrerseits berichtet kein einziges mal über die Werbekampagne der taz, die in der Fachwelt immerhin für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Von der Morgenpost wiederum wird die Werbekampagne über alle Maßen bedacht. Darüber hinaus fällt auf, dass sämtliche der untersuchten Morgenpost-Beiträge einzig die taz zum Thema haben – die beiden größten Konkurrenten werden hingegen nie thematisiert.

Recht amüsant erscheint die gegenseitige Berichterstattung von taz und Tagesspiegel. Die ironischen Verrisse des Tagesspiegel im Medienressort der taz hinterlassen beim Leser das Bild einer „verschnarchten“, unmodernen und nicht reformierbaren Zeitung. Die so gescholtene wiederum behandelt die taz ausschließlich in wahlweise ironischer, mitleidiger oder negativer Art. Ob diese Fehde allein den Eitelkeiten der beteiligten Medienredakteure geschuldet war oder ob die Gründe ganz andere sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Allerdings ist zu bedenken, dass beide Blätter miteinander um die West-Berliner Bildungsbürgerschicht konkurrieren. Möglicherweise sind die Sticheleien auch Ausdruck dieses Konkurrenzkampfes.

Auch die eindeutig verfälschten Beiträge sind schwer einzuordnen. Der Morgenpost-Bericht über die Inhaltsanalyse des „Medien-Tenor“, aus der die Schlussfolgerung einer „inhaltsleeren“ taz gezogen wird, kann noch getrost als Ausrutscher gewertet werden. Der verantwortliche Redakteur muss entweder unprofessionell oder mit ironischer Absicht gehandelt haben. Sollte letzteres zutreffen, ist das Vorhaben jedoch gründlich in die Hose gegangen: Für den ahnungslosen Leser sind „ironische“ Verdrehungen dieser Art auf den ersten Blick schließlich kaum zu erkennen.

Der Berliner Zeitung allerdings muss vorsätzliche Täuschung unterstellt werden. Die beiden Beiträge über die Auflagenentwicklung auf dem Berliner Tageszeitungsmarkt sind eindeutig tendenziös und zugunsten des eigenen Blattes verdreht. Die Schattenseiten des Medienjournalismus offenbaren sich hier wie unter dem Brennglas. Die in den Beiträgen veröffentlichten Zahlen erfüllen einzig den Zweck, den eigenen Erfolg zu dokumentieren bzw. – was noch weit unredlicher ist – den Misserfolg in einen Erfolg umzumünzen und der Konkurrenz eine gegenteilige Entwicklung anzudichten. Das hat mit einem seriösen Journalismus, wie ihn sich die Berliner Zeitung auf die Fahnen geschrieben hat, nichts mehr zu tun, sondern grenzt fast schon an Propaganda.

Insgesamt zeigt die Inhaltsanalyse, dass der Berliner Zeitungsmarkt in den Medienressorts von Berliner Zeitung, Tagesspiegel und Berliner Morgenpost, von Berichten über die Auflagenentwicklung abgesehen, eine eher untergeordnete Rolle spielt. Einzig die taz hat im Untersuchungszeitraum mit fünf Beiträgen recht ausführlich – und ausgewogen – darüber berichtet. Das Blatt sieht sich selbst beim Kampf der „Großen“ jedoch scheinbar außen vor und vermag es deshalb um so besser, die Rolle des kritischen Beobachters einzunehmen. Bei der Berliner Morgenpost zeigt sich das Gegenteil: Über den Berliner Pressemarkt berichtet das Blatt an keiner Stelle. Hier ist jedoch zu vermuten, dass das Medienressort der Zeitung einen anderen Anspruch erhebt als die entsprechenden Ressorts der sonstigen untersuchten Blätter. Gegen diese Annahme spricht allerdings die ausführliche Würdigung der taz, die von der Morgenpost offenbar nicht als direkte Konkurrentin angesehen wird. Möglicherweise steckt also doch eine tiefere Absicht dahinter, dass die unmittelbar konkurrierenden Blätter in der Berichterstattung der Berliner Morgenpost totgeschwiegen werden.

Wenn es einen auf alle Blätter zutreffenden Befund gibt, dann ist es dieser: Ausführlich und ausgewogen wird in erster Linie über diejenigen Zeitungen Bericht erstattet, die nach der Selbsteinschätzung der berichtenden Zeitung keine direkte Konkurrenz darstellen. Die gefährlichsten Wettbewerber hingegen werden wahlweise mit Nichtbeachtung oder mit einseitiger Berichterstattung bedacht. In dieses Schema lassen sich die Untersuchungsergebnisse ohne größere Widersprüche einordnen. Die spärlichen Ausnahmen bestätigen hier nur die Regel. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der „Kampf der Hauptstadtzeitungen“ in den betroffenen Organen alles andere als angemessen und objektiv behandelt wird. Ein Befund, der an der Unabhängigkeit der entsprechenden Medienressorts doch erhebliche Zweifel lässt.

V. Fazit

Trotz der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs „Hauptstadtzeitung“ zeigt die Analyse im Großen und Ganzen, dass der Kampf um diesen Titel vorrangig zwischen Berliner Zeitung und Tagesspiegel ausgetragen wird. Zu diesem Schluss kommen sowohl die betroffenen Zeitungen in ihrer eigenen Medienberichterstattung als auch die Fachliteratur. Der Titel „Hauptstadtzeitung“ ist demnach nur einer Zeitung würdig, die neben einer starken regionalen Verankerung auch überregional Leser vorweisen kann und die eine außerordentliche meinungsbildende Funktion innehat. Die mittelfristige Entwicklung eines solchen Profils wird offenbar nur der Berliner Zeitung und dem Tagesspiegel zugetraut.

Daneben strebt auch die Welt eine vergleichbare Position an. Sie muss den umgekehrten Weg gehen und neben ihrer starken überregionalen Stellung auch eine feste lokale Verankerung gewinnen. Überraschend ist die geringe Aufmerksamkeit, die dieser Zeitung in der Fachwelt gewidmet wird. Das größte Manko der Welt ist offensichtlich, dass sie im herrschenden öffentlichen Diskurs nur eine nebensächliche Bedeutung besitzt.

Die anderen in Berlin erscheinenden bzw. nach Berlin expandierenden Zeitungen streben den Titel „Hauptstadtzeitung“ vorerst gar nicht mehr an. Die Morgenpost etwa will ihre Marktführung in West-Berlin vor allem mit einer starken lokalen Berichterstattung erhalten und langfristig auch die Ost-Bezirke erobern, um auf diese Weise zur „Zeitung der Berliner“ zu werden. Die taz hat sich vom Ziel verabschiedet, den Überregionalen ernsthaft Konkurrenz zu machen und entwickelt sich quasi zu einer Art „täglichen Wochenzeitung“. Und den überregionalen Tageszeitungen schließlich geht es vorerst darum, ihre bisherigen Leser zu halten. Die Berliner Leser werden dabei mit neuen „Hauptstadt“-Ressorts umworben, die einen ganz eigenen, eher feuilletonistischen Charakter besitzen. Oma Pachulke in Marzahn und damit die Masse der Berliner Bevölkerung kann man mit so einem Konzept freilich nicht erreichen.

Berliner Zeitung und Tagesspiegel haben also alle Chancen – doch der Kampf ist noch lange nicht entschieden. Möglicherweise wird auch in Zukunft eine Konstellation bestehen, in der beide Blätter dicht beieinander liegende Plätze besetzen. Und eine solche Presselandschaft, in der tatsächlich noch Wettbewerb und Vielfalt herrscht, wäre im Sinne einer demokratischen Kontrolle von Parlament und Regierung ideal.

VI. Bibliographie

VI.1 Verzeichnis der verwendeten Quellen

Bünger, Reinhart, 1999: „Berliner Morgenpost“ mit neuem Chefredakteur. Herbert Wessels soll Peter Phillipps ablösen – Gründe werden nicht genannt, in: Der Tagesspiegel, 6.11.1999.

Engelhardt, Dirk, 1999: „taz“-Werbung setzt auf humoristische Erpressung, in: Berliner Morgenpost, 2.10.1999.

Fischer, Raoul, 1999: „Presenting“ von Zeitungsressorts. Wenn eine Brauerei den Sportteil sponsert – die neue Werbeform ist nicht unumstritten, in: Der Tagesspiegel, 18.11.1999.

Hoffmann, Christine, 1999: Im Kampf um Abos wird die taz zur Adelspostille, in: Berliner Morgenpost, 24.10.1999.

Huber, Joachim, 1999: taz erpresst die Leser. Die taz sucht erneut den Aufschwung, der Geld kostet, in: Der Tagesspiegel, 9.10.1999.

Martenstein, Harald, 1999: taz in Schräglage. Nichts wirklich Neues: die alternative Tageszeitung steckt in der Krise, weil ihr die Leser wegbrechen, in: Der Tagesspiegel, 2.10.1999.

Meier, Lutz, 1999a: Das Jahr der Handwerker. Der Berliner Zeitungskampf geht mit neuem Personal in eine neue Runde. Doch die Sache hat etwas an Elan verloren, in: taz, die tageszeitung, 25.5.1999.

Meier, Lutz, 1999b: Fehler in der Politik. Mit welchen Mitteln der „Tagesspiegel“ nach Urhebern eines Druckfehlers fahndet, in: taz, die tageszeitung, 8.7.1999.

Schmalz, Monie, 1999: Rätselhafte Tagesspiegeleien, in: taz, die tageszeitung, 27.10.1999.

Schuler, Thomas, 1999a: Münchener Journalisten erklären Berlin, in: Berliner Zeitung, 19.4.1999.

Schuler, Thomas, 1999b: Von Gelb auf Rot. „Der Tagesspiegel“ wechselt die Farbe und relauncht seine Sonntagsbeilage, in: Berliner Zeitung, 22.5.1999.

Schweitzer, Eva, 1999: Kriegsgewinnler in der Zeitungsschlacht. Jahr drei in der Konkurrenz der Hauptstadtzeitungen: Die Qualitätsblätter sind besser geworden, die Revolverblätter abgründiger, in: taz, die tageszeitung, 17.4.1999.

Nicht namentlich gekennzeichnete Quellen:

Berliner Morgenpost, 19.1.1999: taz-Chefredakteure treten zurück.

Berliner Morgenpost, 1.7.1999: Springer auf dem Weg ins Ausland.

Berliner Morgenpost, 10.10.1999: „tageszeitung“ ohne Überschriften.

Berliner Morgenpost, 23.10.1999: taz als Adelsblatt.

Berliner Morgenpost, 4.11.1999: Bayernkurier lernt von der taz.

Berliner Morgenpost, 5.11.1999: Medien Tenor: taz inhaltsleer.

Berliner Morgenpost, 12.11.1999: taz droht mit weiterer Abo-Erpressung.

Berliner Zeitung, 17.4.1999: Fahrradtour zum „taz“-Geburtstag.

Berliner Zeitung, 13.7.1999: taz: Unfried und Eyerich in die Chefredaktion.

Berliner Zeitung, 17.7.1999: Zeitungsmarkt: „Berliner“ legt weiter zu.

Berliner Zeitung, 15.10.1999: Zeitungsmarkt: Harter Wettbewerb der Abo-Zeitungen.

Der Tagesspiegel, 1.7.1999: Springer auf dem Weg ins Ausland.

Der Tagesspiegel, 11.8.1999: Auf Fehlersuche. Wann immer der Tagesspiegel sich verdruckt – die letzte Seite der taz ist bereit.

Der Tagesspiegel, 8.9.1999: Der Konkurrenzkampf der Berliner Zeitungen im Deutschlandfunk.

taz, die tageszeitung, 25.5.1999: Lauter Hauptstadtzeitungen in Berlin.

taz, die tageszeitung, 31.5.1999: So ist’s Geschäft.

taz, die tageszeitung, 1.10.1999: Ost-West-Angleichung auf Zeitungsmarkt.

taz, die tageszeitung, 16.10.1999: „Morgenpost“ bald mit Quadriga.

VI.2 Verzeichnis der verwendeten Literatur

Anda, Béla, 1992: Zur Sache, täzchen, in: MediumMagazin 1/1992, S. 4-7.

Baerns, Barbara, 1991: Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus? Zum Einfluß im Mediensystem, Köln.

Berliner Verlag (Hrsg.), 1999: MedienMarkt Berlin 3/99, Berlin.

Bolle, Hans-Jürgen, 1992: Poker um die Perle, in: Journalist 2/1992, S. 44-46.

Busche, Martin, 1998: Wo Wagner werkelt, in: Journalist 11/1998, S. 24.

Busche, Martin, 1999: Hartes Pflaster, in: Journalist 8/1999, S. 24-28.

E.B., 1992: Pressesterben in Berlin, in: Journalist 9/1992, S. 50.

Erbring, Lutz, 1989: Nachrichten zwischen Professionalität und Manipulation, in: Kaase, Max / Schulz, Winfried (Hrsg.): Massenkommunikation: Theorien, Methoden, Befunde (Sonderheft 30 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 1989), S. 135-149.

Firley, Ingo, 1999: Buhlen um Bonns Beamte, in: Journalist 8/1999, S. 27.

Freihofner, Gerald, 1995: Der Orgelspieler, in: MediumMagazin 12/1995, S. 4-10.

Gehrs, Oliver, 1998: Ein „Mädchen für das Konkrete“. Interview mit Bascha Mika, in: MediumMagazin 6/1998, S. 16-18.

Goddar, Jeannette, 1997: Zwist um den Kurs, in: Journalist 7/1997, S. 33-34.

Goddar, Jeannette, 1998: Verlage im Preiskampf, in: Journalist 7/1998, S. 52-54.

Goddar, Jeannette, 1999: Standortprobleme, in: Journalist 4/1999, S. 48-49.

Heims, Hans-Jörg, 1995: Gemütsfragen, in: MediumMagazin 12/1995, S. 6-7.

Held, Barbara / Simeon, Thomas, 1994: Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994), Berlin.

Holzweissig, Gunter, 1999: Massenmedien in der DDR, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn.

IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen, URL (3.4.2000): http://www.zeitungen-online.de/

Kepplinger, Hans-M., 1989: Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität, in: Aus Politik und Zeitgeschehen (Beilage der Wochenzeitung Das Parlament) 15/1989, S. 3-16.

Kreitling, Holger, 1998: Blinde Flecken, in: Journalist 3/1998, S. 31-33.

Krüger, Udo Michael / Müller-Sachse, Karl H., 1999: Medienjournalismus. Strukturen, Themen, Spannungsfelder, Opladen / Wiesbaden.

Kulick, Holger, 1990: Nun kommen die anderen, in: Journalist 3/1990, S. 47-49.

Kulick, Holger, 1991: Markt-Wirtschaft, in: Journalist 7/1991, S. 18-23.

Martini, Bernd Jürgen, 1990: Teile und herrsche, in: Journalist 8/1990, S. 34-35.

Martini, Bernd Jürgen, 1991a: Berliner Verlag: Flurbereinigung, in: Journalist 7/1991, S. 19.

Martini, Bernd Jürgen, 1991b: Zeitungssterben, in: Journalist 10/1991, S. 41.

Martini, Bernd Jürgen, 1992: Bewerbungs-Gespräche, in: Journalist 9/1992, S. 50-51.

Meier, Lutz, 1996: Prinzip Hoffnung, in: Journalist 8/1996, S. 38-39.

Metzler, Birgit, 1999: Nichts wird sein wie vorher, in: Journalist 8/1999, S. 25.

Meyn, Hermann, 1990: Berlin im Pressefieber, in: Journalist 12/1990, S. 37-39.

Meyn, Hermann, 1992: Tod auf Raten, in: Journalist 4/1992, S. 52.

Meyn, Hermann, 1999: Massenmedien in Deutschland, Konstanz.

Milz, Annette / Oswald, Ansgar, 1999a: „Der Titel ist Programm“. Interview mit Martin E. Süskind, in: MediumMagazin 6/1999, S. 22-27.

Milz, Annette / Oswald, Ansgar, 1999b: „Wir haben hier wirklich Krieg“. Interview mit Giovanni di Lorenzo, in: MediumMagazin 4/1999, S. 22-27.

Milz, Annette / Oswald, Ansgar, 1999c: Wer mit dem Bären tanzt, in: MediumMagazin 10/1999, S. 46-49.

Neidhart, Thilo, 1995a: Riesen-Geschäfte, in: Journalist 6/1995, S. 36-38.

Neidhart, Thilo, 1995b: Tristesse im Blätterwald, in: Journalist 8/1995, S. 12-15.

Oswald, Ansgar, 1999a: Berliner Medienroulette: Zahlen, Daten, Fakten, in: MediumMagazin 4/1999, S. 24-25.

Oswald, Ansgar, 1999b: Daten und Fakten zur Berliner Zeitung, in: MediumMagazin 6/1999, S. 24-25.

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), 1994: Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1994, Bonn.

Röper, Horst, 1990: Treffer sind Glücksache, in: Journalist 6/1990, S. 32-35.

Schneider, Beate / Stürzebecher, Dieter, 1999: Bilanz der Einheit, in: Journalist 12/1999 (Sonderbeilage 50 Jahre DJV), S. 42-44.

Schneider, Beate, 1999: Massenmedien im Prozeß der deutschen Vereinigung, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn.

Schultheis, Christoph, 1998a: Haben Sie nun doch ein Konzept, Herr Maier? Interview mit Michael Maier, in: MediumMagazin 8/1998, S. 36-37.

Schultheis, Christoph, 1998b: Kampf um Berlin, in: MediumMagazin 8/1998, S. 36-38.

Schulz, Winfried, 1989: Massenmedien und Realität: Die ‚ptolemäische‘ und die ‚kopernikanische‘ Auffassung, in: Kaase, Max / Schulz, Winfried (Hrsg.): Massenkommunikation: Theorien, Methoden, Befunde (Sonderheft 30 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 1989), S. 135-149.

Schütz, Walter J., 1999: Entwicklung der Tagespresse, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn.

Schwinn, Florian, 1996a: Auf dem heißen Stuhl, in: MediumMagazin 8/1996, S. 22-27.

Schwinn, Florian, 1996b: Die taz und ihr ständiger Überlebenskampf, in: MediumMagazin 8/1996, S. 24-25.

Stamm, Karl-Heinz, 1991: Hoffnung auf Spenden, in: Journalist 12/1991, S. 54-55.

Tander, Johan, 1998: Kampf um den besten Tabellenplatz, in: Jungle World, 13.5.1998.

Törne, Lars von / Weber, Patrick, 1996: Zeitungslandschaft Ost – Monopolistische Medienkonzentration oder pluralistischer Pressemarkt?, in: Dümcke, Wolfgang / Vilmar, Fritz (Hrsg.): Kolonialisierung der DDR. Kritische Analysen und Alternativen des Einigungsprozesses, Münster.

Weischenberg, Siegfried, 1992: Die Verantwortung des Beobachters. Moderne Medienethik aus der Perspektive einer konstruktivistischen Systemtheorie, in: Rundfunk und Fernsehen 4/1992, S. 507-527.

Wilke, Jürgen, 1994: Presse, in: Noelle-Neumann, Elisabeth / Schulz, Winfried / Wilke, Jürgen (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik, Frankfurt am Main.

Zeitungsmarkt in der DDR (Stand: Mai 1990), in: Journalist 6/1990, S. 34.

Zeitungsmarkt in der DDR (Stand: September 1990), in: Journalist 10/1990, S. 21.

Anmerkungen:

[1] Detaillierte Auflagenzahlen liegen für die gewandelten Ost-Berliner Tageszeitungen im Jahr 1990 nicht vor. Die sporadischen Angaben beruhen auf Verlagsauskünften.

[2] Die Besitzverhältnisse des Redaktionsgebäudes am Franz-Mehring-Platz waren ungeklärt, was eine Beleihung des Gebäudes unmöglich machte. Daneben prozessierte die Zeitungsinhaberin PDS gegen die Treuhand-Anstalt, um die Herausgabe von 30 Mio. DM Altvermögen zu erzwingen. Die Partei gab vor, einen Teil dieses Betrags zur Sanierung des Neuen Deutschland verwenden zu wollen (Stamm 1991: 54 f.).

[3] Der in der Presseszene zum Modewort avancierte Begriff „Relaunch“ bezeichnet den „Neustart“ einer Tageszeitung nach einer optischen und/oder inhaltlichen Rundumerneuerung (engl. launch=Schiff o.ä. vom Stapel lassen, Start etc.).

[4] Grund waren unter anderem erhebliche Spannungen zwischen der Ost- und der West-Redaktion (vgl. Held/Simeon 1994: 58).

[5] Bei der Bestimmung der tatsächlichen Auflage müssen die unterschiedlichen Basen berücksichtigt werden: Die kleinen überregionalen Tageszeitungen ohne Lokalausgaben gehen mit ihrer nationalen Gesamtauflage in die Rechnung ein (Junge Welt, Neue Zeit), während andere nur mit ihrer bekannten Berlin-Auflage aufgenommen wurden (taz, Neues Deutschland, Die Welt).

[6] Bei den überregionalen Zeitungen ist zu bedenken, dass Welt und taz fast ausschließlich in den alten Bundesländern bezogen werden, das Neue Deutschland und die Junge Welt hingegen fast ausschließlich in den neuen Bundesländern. Letztere führten zunächst eigene Stadtausgaben für Berlin und das Umland ein, mussten diese später jedoch wieder aufgeben.

[7] Die Neuzugänge aus Westdeutschland wurden meist besser bezahlt als ihre Kollegen aus dem Osten, was zu erheblichem Unmut in der Redaktion führte.

[8] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-Sa). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[9] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-So). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[10] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-So). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[11] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-Sa). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[12] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-Sa). Die redaktionell eigenständige Welt am Sonntag ist hierbei ausgenommen. Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[13] Wochendurchschnitt Mo-Sa. Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[14] Wochendurchschnitt Mo-So (Berliner Kurier) sowie Mo-Sa (Bild Berlin/Brandenburg). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[15] Traurige Berühmtheit erlangte die Super!-Zeitung durch ihre Hetzkampagnen gegen die westdeutsche Bevölkerung. An der Tagesordnung waren Überschriften wie „Angeber-Wessi mit Bierflasche erschlagen. Ganz Bernau freut sich“.

[16] Im April 1991 wurde die Junge Welt von der Tribüne Druck GmbH und der Treptower Verlagshaus GmbH übernommen, ab 1992 gab die Mediengruppe Schmidt und Partner das Blatt heraus.

[17] Die Redaktionsminderheit um Geschäftsführer Dietmar Koschmieder wollte das Blatt inhaltlich wieder stärker auf die neuen Bundesländer ausrichten. Die aufständische Redaktionsmehrheit witterte eine Rückkehr zur „orthodoxen kommunistischen Linie“ und gründete mit der Jungle World eine eigenständige Wochenzeitung, nachdem ihr die Kündigung ausgesprochen worden war.

[18] Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Mo-Sa). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[19] Sämtliche der in diesem Kapitel angegebenen Auflagezahlen beziehen sich auf den Wochendurchschnitt aller Erscheinungstage (Berliner Zeitung: Mo-Sa, Berliner Morgenpost bzw. Tagesspiegel: Mo-So, taz: Mo-Sa). Quelle: IVW-Auflagen der Berliner Tageszeitungen.

[20] Vielmehr handelt es sich laut Redaktionsleiter Florian Illies um ein „Experiment“, bei dem die klassischen Ressortgrenzen zwischen Politik und Feuilleton aufgehoben wurden (Milz/Oswald 1999c: 46). Mit diesem Konzept tritt die FAZ freilich nur bedingt in Konkurrenz zu den angestammten regionalen Berliner Abo-Zeitungen.

[21] Die taz „erpresste“ ihre Leser. Abonnierten pro Woche nicht 300 neue Leser das Blatt, erschien die taz in reduzierter Aufmachung, bspw. ohne Überschriften, Fotos o.ä.

[22] Ausführlichere Erläuterungen zu professionellen Nachrichtennormen und den Grundzügen journalistischer Ethik müssen an dieser Stelle aufgrund der gebotenen Kürze der Arbeit unterbleiben. Zur weitergehenden Diskussion vgl. Erbring 1989, Kepplinger 1989, Schulz 1989 und Weischenberg 1992.

[23] Dass die Welt bei vorliegender Untersuchung außen vor gelassen wurde, lässt sich lediglich mit der erst am Anfang stehenden regionalen Verankerung dieser Zeitung rechtfertigen sowie mit der Tatsache, dass mit der Morgenpost bereits ein Springer-Blatt in der Untersuchung vertreten ist.

[24] Die redaktionellen Inhalte von Berliner Zeitung, Berliner Morgenpost und taz waren für den Untersuchungszeitraum komplett im WWW recherchierbar. Die Recherche in den entsprechenden Ausgaben des Tagesspiegel musste hingegen im Print-Archiv vervollständigt werden.

[25] Bei der Recherche im Archiv der Berliner Morgenpost etwa war das Stichwort „Berliner Zeitung“ oder „Tagesspiegel“ oder „taz“.

[26] Aufgrund dieses Beitrags konterte der Tagesspiegel seinerseits mit der in Kapitel III.3.b bereits erwähnten ironischen Glosse (vgl. Der Tagesspiegel, 11.8.1999).