Modernes Officemanagement

Professionalität im Sekretariat

Von Tobias Jaecker 

„Sie organisieren perfekt ‚Ihre‘ Mannschaft,“ heißt es in der Stellenanzeige. „Dass alles gestern fertig sein muss, ist Ihnen klar. Selbstständigkeit, sicheres Auftreten und Flexibilität zählen zu Ihren Eigenschaften.“ Was sich wie die Beschreibung einer Führungsposition liest, ist das Stellenangebot für einen Job im Sekretariat eines großen Unternehmens.

Die Zeiten, in denen sich die Aufgaben einer Sekretärin auf die Ausführung der Chefkorrespondenz beschränkten und mancherorts abfällig von der ‚Tippse‘ gesprochen wurde, sind vorbei. Die gute alte Schreibmaschine hat ausgedient. Computer, E-mail und Internet sind aus dem Büro von heute nicht mehr wegzudenken – gefragt ist modernes Organisations- und Informationsmanagement. „Die Anforderungen an die Sekretärin haben sich stark gewandelt,“ sagt Annegret Schulz von der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK). „Um da mithalten zu können, empfiehlt sich eine Weiterbildung.“

Angebote gibt es zur Genüge. In Berlin bieten unzählige Schulen Intensiv-Lehrgänge sowie berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahmen an. Das vielfältige Angebot ergibt sich aus der Unübersichtlichkeit des Berufsfeldes. „Sowohl Schreibkräfte als auch Sachbearbeiterinnen dürfen sich als Sekretärin bezeichnen“, sagt Gabriele Ziffer, Berliner Regionalleiterin des Bundesverbandes Sekretariat und Büromanagement (bSb). Sie sagt: „Wie viele Sekretärinnen es in Berlin gibt, ist kaum abschätzbar.“

Das Bildungsangebot des bSb reicht von der Vermittlung von Computer- und Fremdsprachenkenntnissen bis hin zur Vorbereitung auf eine Vorstandsassistenz. Absolventinnen erhalten ein Zertifikat. Wer höher hinaus möchte, kann bei angesehenen Kaderschmieden wie der Harzburger Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft Seminare buchen. „Durch Umstrukturierungen in den Unternehmen kommt der Teamarbeit heute eine große Bedeutung zu,“ sagt Helga Borkert von der Akademie und gibt damit einen Hinweis auf die Themenschwerpunkte in Bad Harzburg.

Bei der Seminarreihe ‚Harzburg-Sekretärin/Assistentin mit Diplom‘ steht die Vermittlung von sozialer Kompetenz an vorderster Stelle. Die Teilnehmerinnen trainieren an Hand von Fallstudien. „Welche Aufgaben nehme ich zur Entlastung des Chefs wahr, wer braucht welche Informationen, wie gehe ich mit unangemeldeten Besuchern um“, erläutert Helga Borkert einige der wichtigsten Fragen.

Etwa dreihundert Sekretärinnen hat die Harzburger Akademie in den vergangenen fünf Jahren berufsbegleitend weitergebildet – die Betonung liegt auf der weiblichen Endung. Helga Borchert: „Der Sekretariatsbereich ist nach wie vor eine Frauendomäne.“ Zum einen gelangen viele Frauen über einen Quereinstieg zum Bürojob, oftmals nach mehrjähriger familienbedingter Arbeitspause. Ein anderer möglicher Grund sollte sich aber nun erledigt haben: Auf einfache Schreibarbeiten lässt sich die Tätigkeit im Sekretariat kaum noch beschränken. So dürften auch die karrierebewussten Herren der Schöpfung bald auf den Geschmack kommen und sich zum ‚Office-Manager‘ ausbilden lassen.

Erschienen in: Der Tagesspiegel, 7.11.1999