Virtuelle Studenten

Studentische Homepages sind im Kommen. Manchmal stößt man auf kleine Juwelen

Von Tobias Jaecker

Die Zeiten, in denen StudentInnen nur im Netz surften, sind längst vorbei. Immer mehr Studis basteln sich eine eigene Homepage. Alle Berliner Universitäten bieten ihren Studenten die Möglichkeit, sich kostenlos eigene Internet-Seiten einzurichten.

„Das elektronische Publizieren auf den Uni-Rechnern soll vor allem der Übung dienen“, sagt Manfred Nitz von der Zentraleinrichtung für Datenverarbeitung (Zedat) der Freien Universität Berlin. „Die Inhalte sollten sich zwar an Forschung und Lehre orientieren. Wenn jemand Lebenslauf und Hobbys ins Netz stellt, haben wir aber nichts dagegen.“

An Speicherplatz stehen Studenten der Humboldt- und der Technischen Universität Berlin 3 Megabyte zur Verfügung, an der Freien Universität sind es sogar 30 MB. „Das Angebot wird gut angenommen“, so Nitz. Er schätzt, daß auf dem FU-Server inzwischen rund 2.000 Nutzer eigene Seiten eingerichtet haben. Die meisten sind Männer.

Einigen Studenten dient die Spielwiese Internet gar als Karrieresprungbrett. Der Publizistikstudent Janko Puls etwa hat mit seinem „Media Monster“ (http://userpage.fu-berlin.de/ ~jpuls/), das Hunderte kommentierter Links aus den Bereichen Journalismus, Medien und Online-Recherche zusammenfaßt, bereits für Aufsehen in der Fachwelt gesorgt. „Ich mache die Seiten als Referenzprojekt zu meiner Person“, sagt der 31jährige. „Inzwischen melden sich Journalisten und Redaktionen schon von selbst, um ins ,Media Monster` aufgenommen zu werden. Dazu kommen eine Reihe bezahlter Rechercheaufträge.“

Vorherrschend bleiben auf den Nutzerseiten der Universitäten aber die weniger spektakulären Angebote. Auf zahlreichen Seiten sind online abrufbare Semester- und Diplomarbeiten zu finden, ergänzt durch fachverwandte Links. Oft beschränkt sich der Inhalt gar auf ein mickriges Foto nebst einigen persönlichen Daten.

Manchmal stößt der Internet-Surfer auf kleine Kunstwerke. „Bitte fühlen Sie sich mehr als heimisch“, heißt es da etwa in schlichten Lettern auf „Meikes Heimseite“ (http://amor.rz.hu-berlin.de/h0444zvm/). „Denn herzlichen Glückwunsch. Sie sind der 1.004.282. Besucher. Näheres mündlich. Was sagen Heimseiten schon über das Heim.“

Erschienen in: taz, 9.10.1998